Tabu Totgeburt: Eine Betroffene berichtet
Shownotes
In dieser Folge geht's um ein brandaktuelles Thema, denn seit dem 1. Juni 2025 sind die neuen Regelungen zum Mutterschutz bei Fehl- und Totgeburten in Kraft getreten. Darum spricht Mela mit Hörerin Angelika über ihre Erfahrungen als Sternenkind-Mama und die Herausforderungen, die sie im medizinischen System erlebt hat. Angelika teilt ihre Geschichte, die von der Diagnose bis zur Stillen Geburt ihrer Tochter reicht, und thematisiert die persönliche Tragödie im so unpersönlichen System, die viele Eltern in ähnlichen Situationen durchleben. Dabei ordnen die beiden die neuen Mutterschutz-Regelungen ein und erklären, warum diese nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sind. Die beiden reflektieren über ihre eigenen Erfahrungen und die Notwendigkeit, dass medizinisches Personal nicht nur fachlich kompetent, sondern auch emotional einfühlsam sein sollte. Ganz wichtig auch für Assistenzärztin Mela: Es darf keine Glückssache sein, ob man als Patient:in mit Empathie behandelt wird oder nicht!
Hier findet ihr Angelikas Coaching-Angebot: https://starkesternenkindereltern.de/ Per Mail erreicht ihr sie unter info@starkesternenkindereltern.de.
Mehr Infos rund um den Mama-Talk und Werbepartner (Codes, Infos, Angebote): https://linktr.ee/mamatalk
Transkript anzeigen
00:00:00: So, willkommen zu einer neuen Folge, liebe Mamas und Papas da draußen. Hier spricht Mella. Wir sind
00:00:14: natürlich bei MAMATALK Podcast und heute habe ich wieder eine ganz besondere Gäste mit am Start,
00:00:19: die liebe Angelika Riegeil. Sie ist Mama von drei Kindern. Die besondere Situation dabei ist,
00:00:25: dass sie auch Sternenkind Mama ist. Über das Thema wollen wir heute reden. Die besondere Kombi,
00:00:31: wie ihr wisst, wer regelmäßig zuhört, ich bin selber Ärztin in Weiterbildung für
00:00:35: Gynnung Geburtshilfe, deswegen finde ich es so schön, dieses Thema einordnen zu können in
00:00:39: die Erfahrungen, die man da vielleicht in der Klinik macht und machen musste. Und das Besondere
00:00:44: auch heute ist, dass Angelika Sternenkinder Eltern Coaching ist. Es wird uns das gleich auch
00:00:49: selbst ein bisschen berichten. Und ja, der große Aufhänger unserer Folge ist auf jeden Fall auch,
00:00:55: dass ab 1. Juni 25 jetzt endlich der gestaffelte Mutterschutz auch für Fehlgeburten ab der
00:01:01: 13. Woche in Kraft treten wird. Das ist auch super, super toll und neu. Es wurde lange drum
00:01:08: gekämpft, deswegen reden wir heute auch noch mal darüber. Aber jetzt werde ich jetzt erstmal das
00:01:12: Wort an Angelika geben. Danke, dass du heute da bist und über das sensible Thema mit uns sprichst.
00:01:16: Hallo, Mela. Ja, danke für die Einladung. Ich freue mich sehr, da zu sein.
00:01:20: Dankeschön. Magst du uns kurz einmal deine persönliche Geschichte erzählen? Deine Erfahrung
00:01:26: ist er jetzt zehn Jahre her, glaube ich? Genau. Ja, ich kann ja mal kurz ein Abriss geben,
00:01:33: wie das war bei mir. Ich glaube, das hilft dann auch, um zu verstehen, wie ich hier zehn,
00:01:39: elf Jahre später angekommen bin. Ich bin 2013 zum ersten Mal schwanger gewesen mit meinem ersten
00:01:46: Kind und da war eigentlich bei den ersten Untersuchungen immer alles unauffällig,
00:01:53: weil es man ja beim Arzt oder bei der Erste immer hören will, unauffällig. War auch jung, es gab
00:02:00: keine Risikofaktoren. Also ich war 28 zu dem Zeitpunkt oder 29. Es gab keine Risikofaktoren bei
00:02:11: mir oder bei meinem Mann. Trotzdem hat die behandelnde Frauenärztin dann vorgeschlagen, ich soll
00:02:17: doch eine Nackensfaltenmessung in der 13. Woche machen lassen. Ich kann gar nicht mehr genau sagen,
00:02:22: warum ich da überhaupt ja gesagt habe oder wir. Irgendwie haben wir dann gesagt,
00:02:27: ach ja, machen wir das halt, obwohl wir eigentlich auch Bescheid wissen über Ingegleistungen und
00:02:32: diesen ganzen, alles was damit zu tun hat. Jedenfalls haben wir irgendwie gesagt, eigentlich wäre es
00:02:38: nicht nötig gewesen, der zehn Wochen Ultraschall war unauffällig. Gut, machen wir eben diese Nackensfaltenmessung
00:02:44: und die war dann tatsächlich schönlich überraschenderweise auffällig. Also die Nackensfalte war erhöht.
00:02:50: Und ich habe das schon an der Reaktion der Ärztin sofort gemerkt, dass sie was sieht im Ultraschall,
00:02:56: was sie nicht gefällt und ja, dann ging sozusagen da die Maschinerie los. Wir wurden dann zu einem
00:03:02: Experten geschickt, der dann einen weiteren Ultraschall gemacht hat und diese Diagnose der Ärztin
00:03:11: bestätigt hat und ja, uns dann so ganz kurz und knapp und sehr emotionslos eigentlich erklärt
00:03:18: hat, wie es dann danach weitergeht, dass es eben entweder gar nicht heißt für die Gesundheit des
00:03:23: Kindes, also dass das Kind einfach in dieser Zeit ein bisschen mehr Wasser hat als andere oder
00:03:28: das eben ein Krankheitsbild vorliegt und ja, man eben dann weiter untersuchen muss. Und das meine ich
00:03:34: mit Maschinerie, weil so ging es dann weiter. Also dann wurde natürlich ich untersucht, ob ich zum
00:03:39: Beispiel eine Gerinnungsstörung habe, solche Sachen. Also das war schon alles sehr aufreibend und ich
00:03:44: war wirklich ab diesem Zeitpunkt dieser Nackensfaltenmessung einfach in Panik. Also ich war völlig
00:03:51: außer mir und es gab eigentlich nichts, also keinen Beistand irgendwie von institutioneller Seite,
00:03:57: sondern man wird halt so von A nach B nach C und wieder zurück zu A geschickt und muss es halt
00:04:03: irgendwie so durchstehen in Anführungsstrichen. Ja, dann kam bei diesem ganzen Folgeuntersuchung
00:04:08: irgendwie nichts raus. Es war alles unauffällig. Dann hat auch der Renataldiagnostiker, irgendwie
00:04:17: so ein Experte, dann auch erstmal Entwarnung gegeben, gesagt, na gut, sieht ja ganz gut aus,
00:04:22: vielleicht wirklich noch mehr Wasser, wir warten mal ab. Dann waren wir natürlich schon high on the
00:04:27: list für die fein Diagnostik in der 22. Woche wieder bei ihnen und da waren dann klar, da waren
00:04:33: dann verschiedenste Auffälligkeiten am Pferdus zu sehen und ja, da sind wir dann nochmal zu einem
00:04:39: anderen Experten auch noch geschickt worden, der speziell sich mit der Renataldiagnostik das Herzens
00:04:46: auskennt, der dann eben das Herz nochmal genauer geschaltet hat und unserer Tochter und ich glaube,
00:04:51: also ich bezeichne das immer noch so als Tiefpunkt dieser ganzen Erfahrung, weil der war wirklich der,
00:04:57: der dann gesagt, also auch in so einem Ton, ich mit Bauch raus auf der Liege, eher mit dem Ultraschall
00:05:04: Kopf an meinem Bauch, sagt, nee, das wird nichts mehr und hat irgendwie meinem Mann den Zettel
00:05:12: für die Erpupption in die Hand gedrückt und gesagt, ja, das wird wohl nichts mehr werden und
00:05:18: als mein Mann dann nicht fragig stellen wollte, hat er nur gesagt, also mit ihnen red ich gar nicht,
00:05:25: ihre Frau ist hier meine Patientin, sie sind hier nur irgendein Typ, also wirklich so wortwörtlich
00:05:30: und hat uns den Zettel gegeben und hat dann gesagt, ja, also dann hier und hier noch der Zettel
00:05:36: für die schwangeren Konfliktberatung und auch wiedersehen, so mehr oder weniger und hat uns dann
00:05:41: im Raus gehen noch, der Typ muss damals mindestens Mitte 50 gewesen sein, dann schätze ich mal,
00:05:47: Raus gehen noch gesagt, ja, übrigens, also ich bin dann nicht mehr erreichbar erst mal für sie,
00:05:51: weil ich bin dann sehr erst mal nicht da, weil ich werde noch mal Vater, also wirklich somit maximaler,
00:05:57: totaler, wirklich totalster Manier und Star wirklich getreten, verbal als wir sowieso schon am Boden
00:06:07: lagen, also da war ich wirklich auch niedergeschmettert über diese Art der Behandlung, wie man so mit
00:06:15: Menschen umgehen kann, ja und da haben wir uns auch irgendwie wieder alleine aufgerichtet, also ich
00:06:21: weiß nicht mehr genau, ich habe die Tage noch so nübbelös im Kopf, also es ist ja, wenn man
00:06:25: unter Schock steht, hat man ja so ein ganz anderes Empfinden von Zeit und Raum und überhaupt
00:06:31: allem, ich erinnere mich noch, dass wir an dem Abend irgendwas gegessen haben und gesagt haben,
00:06:34: wir müssen irgendwas essen, sonst konnten wir dann gar nicht mehr so vieles, weil sich noch
00:06:39: im Rest erinnere ich mich nicht mehr, nur dass wir gesagt haben, wir müssen irgendwas zu uns nehmen,
00:06:42: ja und dann habe ich mich eigentlich da auch schon damit beschäftigt zu sagen, okay, was ist hier
00:06:48: eigentlich los, wieso wird man hier eigentlich so behandelt, was ist das eigentlich, habe diese
00:06:53: Wut so richtig auch mal zugelassen in mir und habe gesagt, so jetzt reicht es mir, ich möchte
00:06:58: es noch mit anderen Leuten sprechen, weil das kann ja irgendwie nicht da, sage ich mal, der Standard
00:07:05: sein, bin dann zurück zu meiner Behandlung in Ersten und habe gesagt, ja so war das, das machen
00:07:10: wir jetzt, die geht es weiter und die hat dann auch eigentlich nur gesagt, ja wäre dann schon gut
00:07:15: der Abbruch, dann sind wir zu dieser schwangeren Konfliktberatung gegangen und haben neben dieser
00:07:21: negativen Erfahrung dieses Diagnostikers von der 22. Woche war sicher diese Konfliktberatung
00:07:28: die einzige, die in dem Ganzen so ein bisschen irgendwie einen Rahmen, die geben hat, der adäquat
00:07:35: und menschlich war, hat dann gesagt, na ja, beschäftigen sie sich ganz im Ruhe damit, was sie wollen
00:07:40: und hat uns dann erst mal das alles erklärt, also was uns alles nicht gesagt wurde, dass 22.
00:07:46: Woche für die Feindiagnostik so gewählt ist, damit man gerade noch den Spätabbruch machen kann,
00:07:51: wenn er da nütig sein sollte und ja, es wird ein Jahr alles nicht mitgeteilt, es wird irgendwie so
00:07:56: erwartet, dass man das irgendwie so weiß, keine Ahnung, wie man das wissen wolle als Lion,
00:08:01: dann habe ich gesagt, ich möchte keinen Spätabbruch, war mir da schon ziemlich schnell sicher,
00:08:05: dass ich das nicht möchte, dass ich das nicht kann, dass das nicht das Richtige ist, ich möchte
00:08:10: das nicht und mein Mann hat das auch voll und ganz unterstützt und wir haben uns dann auch damit
00:08:15: beschäftigt, wie könnte das sein, wie ist es, wenn ein Kind Behinderungen hat, haben uns da sehr
00:08:19: viel damit befasst, der Feindiagnostiker hatte dafür auch kein Verständnis, der hat dann gesagt,
00:08:23: na gut, dann schick ich sie jetzt als nächstes in die Charité, damit das irgendwie da besprochen
00:08:27: werden kann, dann sind dort, sind sie zu dritt, auch wieder in der Situation, ich auf der Liege,
00:08:33: Ultraschallkopf auf dem Bauch, also auch wieder in dieser verletzlichen Position, wieder traktiert worden,
00:08:39: was dann jetzt mit dem Abbruch sei, ob ich nicht jetzt den Abbruch endlich machen möchte und ich bin
00:08:45: da dann tatsächlich ausgerastet und habe gesagt, so mir reicht es, ich möchte das nicht mehr hören,
00:08:50: ich habe gesagt, wie meine Entscheidung ist und was ist es hier eigentlich für ein verschnitzelster Laden
00:08:55: und das doch jetzt endlich bitte gehört werden soll, was ich möchte und was dann jetzt eigentlich
00:09:01: der Hintergrund ist, von dem das nicht alle so zu diesem Abbruch drängen und dann erst, das finde
00:09:06: ich so interessant jetzt die Perspektive jetzt, dann erst wurde quasi ausgepackt und gesagt,
00:09:12: na ja, es gibt halt diese Risiken und jene Risiken für sie, also eben pre-eclampsie, also Schwangerschaftsvergiftung,
00:09:19: dieses und jenes und diese Sorgen machen wir uns und das denken wir uns, ich habe dann gesagt,
00:09:23: na wieso sagen Sie das denn nicht? Wir wissen das ja nicht, ich bin das erste Mensch,
00:09:27: ich habe nicht diese Erfahrung wie Sie und dieses Fachwissen, warum teilen Sie das nicht mit so
00:09:34: und habe dann da schon gedacht und ich bin ja also mein eigentlicher Beruf ist ja im sozialwissenschaftlichen
00:09:40: Bereich, das heißt, ich denke immer über die großen gesellschaftlichen Strukturen nach und
00:09:44: hat mir da in der Situation schon gedacht, was ist eigentlich, wenn jemand nicht so vehement wird
00:09:51: und sich drängen lässt und irgendwie dann einfach sagt, ja okay, dann mache ich das halt, weil man
00:09:55: in so einer Weise so gedrängt wird ohne eigentlich zu wissen, was was was los ist und warum und
00:10:02: einfach diese ganzen Sachen gar nicht geantwortet bekommt. Danke, dass du das so deutlich aussprichst,
00:10:06: mir fällt sofort dieses Stichwort "Autoritätshörigkeit" ein, weil das ist ja tatsächlich auch mein Thema so
00:10:12: ein bisschen auf meinem eigenen Instagram-Kanal. Ich bin auch selber schon in diese Lage gerutscht,
00:10:18: auch als Ärztin und du sprichst so viel an, das ist ja tatsächlich auch in irgendeiner Form
00:10:23: systemische Gewalt, die dir da wiederfahren ist, weil einfach so eine Beformundung von der Frau,
00:10:29: der Patienten so oft stattfindet, also ich erwähne trotzdem oder extra Frau dazu,
00:10:33: Patientin in dem Sinne, weil man einerseits pathologisiert wird in diesem ganzen
00:10:38: medizinischen System, dann ist man auch eine Frau dazu und dem patriarchal geprägten System
00:10:43: und wie toll wirklich mein Hut ab, dass du dich getraut hast in dieser so verletzlichen Situation
00:10:50: für dich einzustehen, weil die meisten Frauen da draußen, die machen das nicht. Weißt du genau
00:10:54: das, was du sagst, dann steht da der weiße Kittel der Professor, so und so vor einem und alle erstarren,
00:10:59: es ist sowieso eine Situation, in der man, du hast es genannt, du warst geschockt, das war
00:11:04: wahrscheinlich sogar eine traumatische Situation für dich, du wusstest nicht mehr, was du an dem
00:11:08: Abend gegessen hast, was sonst um dich herum passiert ist, das klingt ganz stark nach Schockzustand
00:11:14: und dann musst du noch diese Entscheidungen treffen, aber du wirst nicht komplett aufgeklärt darüber,
00:11:21: keinen Wunder, wie hilflos und unmächtig du dich da gefühlt hast und viele Frauen
00:11:25: ergeben sich dann diesen Zustand, lassen sich da reinfallen in diese Hilflosigkeit und es ist so
00:11:30: wichtig, in dem Moment für sich aufzustehen, genau das, was du getan hast, das kann ich nur allen
00:11:34: werdenden, mammas betroffenen Personen da draußen raten, es ist sehr, sehr wichtig, was du hier
00:11:41: ansprichst, danke dafür und wie ging es weiter? Genau, ich denke auch gerade, wenn ich so an meinen
00:11:45: Mann denke, also wir waren dann in der Situation, bei dem einen Arzt wurde ihm gesagt, er soll
00:11:51: beständig keine Fragen stellen, weil er zählt nicht, man war so geschockt, also da waren, wir waren
00:11:56: wirklich so, wie kann er sowas sagen und dann waren wir eben die paar Wochen später in der Charité
00:12:03: und dort habe ich ja dann meinen Ausdaster gehabt, dann waren die drei, die waren ja zu tritt, so oh,
00:12:08: was machen wir jetzt, emotionale Ausbruch, also auch nicht so, dass sie gesagt haben, wir sind
00:12:12: jetzt empathisch, wir sagen irgendwas wie aha, danke, dass sie jetzt ihre Sorgen mit uns teilen oder
00:12:19: irgendwie sowas, es kann ja eine Floskel sein, solange man die irgendwie überzeugend rüber bringt,
00:12:23: ist es ja okay, nein, sie drehen sich zu meinem Mann und sagen, ja was meinen Sie? Also es war, es war
00:12:31: einfach unglaublich, na ja und dann mein Mann, wie hat er dann ganz trocken gesagt, na ja, Sie haben
00:12:38: meine Frau doch gehört, sie hat Ihnen doch gerade alles gesagt, aha, ja, dann haben Sie umgeschaltet
00:12:48: auf, okay, also hier ist es jetzt so, gut, dann nehmen wir jetzt die kinderärztliche Betreuung dazu
00:12:53: und dann war klar, okay, es wird eine Geburt stattfinden, es wird kein Spätabbruch sein,
00:12:59: irgendwann im Laufe dieser Schwangerschaft wird eben eine Geburt sein und dann wurde ich aufgeklärt,
00:13:04: was muss ich machen, was sind die Risiken für eine Präenklammzie, wie erkennt man die,
00:13:09: weil muss ich tun zu Hause, weil ich habe auch gesagt, natürlich gehe ich nach Hause,
00:13:14: ich mache das zu Hause, kein Problem, sagt es mir einfach, dann kann ich es tun,
00:13:19: den Urintesten und dem Blutdruck überwachen und so weiter, das kann ich, ja, das ist kein Problem,
00:13:24: wenn man es weiß, ja und dann kam der Kinderarzt dazu und hat dann auch, der war dann so ein
00:13:30: bisschen, der hat dann schon gehört, hat gesagt, aha, ich habe gehört, ihre Geschichte und auch
00:13:35: dachte, aha, so besonders ist es, also dass hier jemand irgendwie sagt, ich möchte was anderes
00:13:41: als das, was sozusagen das Normale ist und der hat sich dann auch emotional ein bisschen besser
00:13:47: eingestellt, dann habe ich auch geweint und habe gesagt, ja, ich irgendwie weiß ich schon,
00:13:52: dass ich mich darauf vorbereiten muss, dass sein kann, dass das Kind sterben wird bei der Geburt,
00:13:56: wie ist es denn auch, was muss man dann da achten und so weiter und der war dann so, dass er gesagt
00:14:02: hat, okay, wir gehen einmal alles Szenarien durch, wie könnte was sein und dann haben wir so gesagt,
00:14:07: okay, jetzt sind wir irgendwie angekommen und ausgenommen, damit dem, was wir eigentlich wollen.
00:14:12: So, ja, dann kam man das Ganze, also für uns waren die Wochen dann natürlich fürchterlich,
00:14:17: aber man kann es jetzt in dem Sinne zusammenfassen, dass diese Wochen dann vorbeigegangen sind von dieser
00:14:22: 25. bis zu 31. Woche auch in so einem, okay, ich beobachte eben, spüre ich das Kind, spüre ich es nicht
00:14:32: und achte eben auf diese Anzeichen der Präglamsie und ja, im Endeffekt ist es dann in dem Sinne
00:14:41: in Ruhe von starten gegangen und ich überleg gerade die, die Konfliktberatung hat mir dann auch
00:14:51: noch eins, zwei Mal, die hat uns auch den Brücken gestärkt und dann war irgendwann dieser Tag
00:14:56: gekommen, der, wo ich dann dachte, irgendwie ist es komisch, irgendwie spürt das Kind nicht mehr,
00:15:01: lass uns losfahren ins Krankenhaus und dann waren die ja auch daraus vorbereitet und dann war das
00:15:06: so weit und dann war es auch da wieder so, dann haben sie den Ultraschall gemacht, haben festgestellt,
00:15:11: ja, der Herzschlag ist nicht mehr da und dann hat auch die Ärztin, also das war auch klar,
00:15:19: dass sie dann sagt, sie lässt uns essen alleine, aber auch da habe ich so gemerkt, dass sie auch
00:15:24: mit der Situation so überfordert war. Ich dachte, das ist so traurig, weil es ist deine Arbeit und
00:15:31: eigentlich kannst du gerade die gar nicht richtig machen. Also ich meine, ich bin selber in dem
00:15:36: Bereich tätig, wo ich wirklich viele schwierige Situationen habe mit Menschen und mir das so
00:15:40: wichtig ist, dass sie irgendwie trotzdem gut sind, also dass man die Situation halten kann in dem
00:15:45: Moment mit der Person gemeinsam. Ja, und dann wurde die Geburt eingeleitet und mein Mann war dann auch
00:15:51: dabei und in dem Sinne waren sie da dann auch professionell, weil diese Fälle, dass ein Kind
00:15:58: so geboren wird, kennen sie ja, in dem Sinne, da hat man wieder gemerkt, diese Maschinenerie läuft
00:16:04: irgendwie ganz gut und da war dann auch ein Arzt dabei, der wirklich sich dann auch Zeit genommen
00:16:09: hat, der gesagt hat, ja, er kommt noch mal zu uns, er müsste eigentlich noch total viel für
00:16:13: es irgendwelche Papierkramen machen, aber das ist mir jetzt egal, er kommt zu uns und so, also wo
00:16:18: sich jemand menschlich gezeigt hat auch. Ja, und dann ging die Geburt auch relativ leicht, körperlich,
00:16:26: weil unsere Tochter so klein geblieben ist, also sie ist irgendwann nicht mehr richtig gewachsen,
00:16:30: deswegen war die Geburt an sich körperlich nicht so schwer und war auch gut begleitet,
00:16:36: es war alles in Ordnung, ich hatte auch eine PDA. War es aber noch, dass ich auch gesagt habe,
00:16:42: kann man es jetzt einfach irgendwie so schnell wie möglich machen, was auch, dass ich jetzt weiß,
00:16:47: was auch sehr verbreitet ist, dass man einfach sagt, muss man wirklich diese Geburt als natürliche
00:16:52: Geburt machen und dann wurde mir da erklärt, ja, natürlich machen wir jetzt einen Kaiserschnitt,
00:16:58: weil natürlich wir jetzt nur noch ihre Gesundheit im Blick haben und darum geht, dass es für sie
00:17:04: so, quasi so Risikoabend wie möglich ist und es war auch so, ich dachte, okay, ich habe wirklich
00:17:10: gelernt, ich frage nach, ich will Sachen erklärt haben und dann so. Ja, und das war dann alles in
00:17:16: dem Sinne ganz, ganz, ist dann ganz schön verlaufen, aber ich, also wir hatten dann auch Zeit, sie noch
00:17:23: zu haben und so weiter und das war alles irgendwie gut und es war dann auch die Ärztin, die danach
00:17:28: kamen, die dann nochmal ein Ultraschall gemacht hat, um sicher zu sein, dass die Geburt auch wirklich
00:17:34: zu Ende ist, weil die Plazente so klein war, wir wollten sie sicher gehen, ist da wirklich alles
00:17:38: raus, ist da alles okay und die hat dann zu weinen angefangen und gesagt, ja, das ist total unprofessionell,
00:17:44: aber irgendwie so was habe ich, ich bin noch so jung noch dabei und so was habe ich noch nie erlebt
00:17:48: und überhaupt, wie sie das alles gemacht haben, dass sie das, ich habe das nachgelesen in ihrer
00:17:53: Akte und irgendwie kann ich das alles gar nicht fassen und so weiter und ich habe dann gesagt,
00:17:58: nein, ich finde das überhaupt nicht unprofessionell, ich finde es total super, dass sie sich einfach
00:18:02: zeigen als Mensch und für uns ist es gerade auch absolute Ausnahmesituation der Ausnahmesituationen
00:18:08: und ich finde es total super, dass sie das hier einfach als Mensch auch sind, neben dem, dass sie
00:18:16: natürlich hier farflich konzentriert bleiben müssen, das ist mir auch klar und also wenn ich so
00:18:21: rückblickend draufschau, dann denke ich einfach so, es ist so schade gewesen, dass es so Glückssache
00:18:26: war, ob man jemanden erwischt, der irgendwie mit der Situation umgehen kann oder nicht, weil ich
00:18:30: denke zu dem Beruf gehört einfach, dass man damit umgehen können muss, so, dass man einfach
00:18:35: die Situation halten muss und dass man nicht sagen kann, dass ich verstehe auch diese medizinische
00:18:41: Sicht zu sagen, ja, da ist ein, da ist ein Trankeitsbild und die Lösung ist abruf, so, das verstehe
00:18:47: ich ja sogar noch zu sagen, das ist quasi die Therapie, aber das irgendwie zu kommunizieren,
00:18:53: auf den Weg zu bringen, mit der Person zu reden und auch zu sagen, natürlich, also ich denke,
00:18:56: das betrifft ja auch ganz viele Menschen, sehe ich auch in meiner Arbeit jetzt mit Fehlgeburten,
00:19:01: dieses automatische, aha, Vielgeburt, Ausschabung, das ist ja auch so, das muss nicht unbedingt sein,
00:19:07: das ist so, ja, also das ist einfach so ein Feld, wo ich denke, eben auch nach zehn,
00:19:13: elf Jahren hat sich da relativ wenig verändert und das ist quasi Glückssache, ob du jemanden
00:19:17: erwischst, der irgendwie mit der Situation umgehen kann oder nicht, so würde ich es glaube ich
00:19:21: zusammenfassen und daraus ist halt auch mein Engagement in diesem Bereich entstanden.
00:19:25: Danke fürs Teilen, wirklich, danke, danke, danke, es tut mir so leid, dass du diesen Verlust
00:19:32: erleben musstest und gleichzeitig finde ich so schön, dass du diesen Schmerz dafür nutzt,
00:19:38: jetzt weiterzugehen, dass du es scheinbar für dich bearbeitet hast, das hast du im Vorgespräch
00:19:43: gesagt, es hat länger gedauert und jetzt kannst du diese Kraft daraus nutzen und in diese richtigen
00:19:49: Wege leiten, die wir, wie wir merken aus deiner Erzählungen, wirklich brauchen und ich kann nur
00:19:54: bestätigen, weil ich ja auf der anderen Seite stehe und ich hatte tatsächlich gerade auch
00:19:58: Tränen in den Augen, weil es mich so berührt hat, auch aus deiner Sicht zu hören, dass es okay ist,
00:20:03: dass auch das medizinische Personal berührt sein darf. Ich bin nämlich auch so ein Mensch,
00:20:07: ich würde behaupten, ich bin noch nicht so lange dabei, ich habe bislang an zwei Kliniken gearbeitet,
00:20:12: hatte schon zahlreiche dieser Situation tatsächlich und trotzdem ist es natürlich immer auch auf
00:20:18: der medizinischen Seite, wir kriegen dafür keine Supervision, wir sind dafür nicht ausgebildet,
00:20:23: nie, nie, nie, nicht einmal, nicht im Studium, nicht in der Facharztausbildung, das soll keine
00:20:27: Entschuldigung dafür sein und trotzdem ist es sehr schwierig, glaube ich, für manche Menschen,
00:20:32: die nicht mit Empathie von Haus ausgesegnet sind, damit umzugehen. Ich finde es schrecklich,
00:20:37: das mit anzusehen. Ich war schon öfter dabei, wenn bestimmte Oberärzt*innen damit so umgegangen
00:20:44: sind, wie du es geschildert hast und ich glaube, es würde uns einhelfen, sich ein bisschen mehr auf
00:20:50: den normalen Menschen verstand und das Herz zu besinnen. Da braucht man nicht viel, würde ich
00:20:56: behaupten an Schulungen, klar, das wäre auch wünschenswert, aber einfach mal ein bisschen auf
00:21:01: unsere Menschlichkeit besinnen und man würde ja wirklich, wie du sagst, eigentlich voraussetzen,
00:21:06: dass Arzt, Ärzt*innen oder jeglicher medizinischer Beruf, sozialer Beruf das voraussetzen sollte,
00:21:12: wie du sagst. Ja, und dass sich da eben so wenig ändert auch mit, wie gehe ich in
00:21:18: ein Patientengespräch und wie mache ich das? Das finde ich einfach so frappierend. Also,
00:21:23: es ist wirklich, ja, also wenn ich so gesamtgesellschaftlich brauche, denke ich, und ich kenne auch Frauen,
00:21:29: die gesagt haben, sie haben das so gerollt und nachher, dass sie den Abbruch gemacht haben,
00:21:33: dass sie es eigentlich so nicht wollten, dass sie nicht das war, was sie wollten und es ist
00:21:37: einfach so was, was einem da genommen wird auch an Eigenermächtigung und einfach auch den eigenen,
00:21:45: zumindest den eigenen Prozess haben zu dürfen, das ist einfach ganz, ganz schlimm. Also, und ich
00:21:50: meine, entstehen ja dann auch Folgeerkrankungen daraus und es ist ja dann, Leute werden dann
00:21:56: eher depressiv und bekommen andere Folgekrankheiten oder Zustände oder wie auch immer und ja, also
00:22:02: ich finde wirklich da, da ist viel Luft nach oben, definitiv. Total. Ich würde gerne jetzt zum
00:22:11: Einstieg nach deiner Geschichte ganz, ganz viele Fragen stellen. Erst mal würde ich gerne fragen,
00:22:17: was hättest du gebraucht? Also tatsächlich, um auch diesen großen Raum zu öffnen, auch für
00:22:21: mich, ich bin auch immer total offen noch dafür, was kann ich lernen? Ich möchte zuhören von den
00:22:26: betroffenen Personen lernen, was kann man besser machen in der Klinik? Ich würde gerne wissen,
00:22:30: was hättest du gebraucht, vielleicht in den spezifischen Situationen, die dir einfallen, was
00:22:34: vielleicht der Hauptfaktor auch gewesen wäre. Ich würde gerne wissen, hattest du in irgendeiner dieser
00:22:38: Phasen psychologische Unterstützung und ich würde gerne anmerken, ich persönlich kenne es aus der
00:22:44: Klinik so, dass es durchaus Seelsorger*innen gibt, die meiner Meinung nach dann nicht unbedingt
00:22:49: Psycholog*innen sein müssen. Es gibt aber auch Psycholog*innen, also ich habe das an den
00:22:53: zwei Kliniken jeweils unterschiedlich erfahren. Nur das schon mal in den Raum gestellt, so habe
00:22:57: ich es erfahren. Genau und damit würde ich gerne das Wort wieder an dich abgeben. Wie was bei dir
00:23:02: und was hättest du gebraucht? Ja, ich glaube, wenn man so dynamisch drauf schaut, hätte ich mir
00:23:09: gewünscht, dass es mehr ist als Glückssache, ob man an eine menschliche Person kommt, also dass
00:23:16: einfach insgesamt systemisch, rätisch, mehr Verständnis und auch Kompetenz im Hinblick auf
00:23:25: Menschlichkeit ist. Und wir hatten die psychologische Betreuung, hatten wir durch diese Konfliktberatung,
00:23:33: das ist sehr gesetzlich vorgeschrieben, wenn man, wenn ein Schwangerschaftsabbruch im Raum
00:23:38: steht, dass man zu dieser Beratung gehen muss, da waren wir auch einige Male, das war auch gut,
00:23:43: also die hat uns ja auch unterstützt in diesem eigenen Weg, den wir gehen wollten und eben keinen
00:23:49: Späterabbruch zu machen, sondern einfach die Natur das machen zu lassen. Und die Seelsorge im
00:23:59: Krankenhaus, die war eine Frau, die reingekommen ist und mich als erstes gefragt hat, ob ich verheiratet
00:24:05: bin, weil die irgendwie kirchlich geprägt war. Und wo ich sofort gesagt habe, danke und auf
00:24:11: Nimmer wiedersehen, interessiert mich nicht, brauche ich nicht. Da war ich es wirklich
00:24:15: unmöglich, wenn ich bin zwar verheiratet, aber das geht die überhaupt nichts an, warum und es ist
00:24:20: auch völlig irrelevant für so eine Situation. Also fand ich unmöglich, hatte sich schon mit
00:24:25: ihrer ersten Frage disqualifiziert und war wieder rausgeschickt worden. So, das war meine
00:24:31: Unterstützung im Medietly, sozusagen im Bett liegend nach der Geburt, gab es dann keine, sondern
00:24:37: ich habe dann rumtelefoniert und wir haben dann auch wieder mit viel Glück, wir haben mal gefunden,
00:24:43: die auch Traubekleidung macht. Also das war auch wieder Glück, irgendwie über drei Ecken
00:24:52: jemanden zu finden, die nicht mit der Situation überfordert ist, sondern das irgendwie halt
00:24:57: halten konnte und uns begleiten konnte, genau. Danke, dass du es ansprichst. Ich finde es so
00:25:04: wichtig, diesen Satz, es darf keine Glückssache sein, wie man behandelt wird, wirklich. Und das
00:25:09: zeigt auch, wie ich vorher meinte, klar kann ein dieses natürliche Empathieverständnis die
00:25:14: Menschlichkeit weiterbringen, aber es reicht nicht, weil es gibt verschiedene, viele diverse
00:25:18: Menschen in Berufen und gerade in so sensiblen Berufen wie soziale Gesundheitsberufe brauchen
00:25:24: wir mehr als das und deswegen plädiere ich auch dafür, wir brauchen Schulungen in der Richtung,
00:25:28: wir brauchen Schulungen über Trauerbegleitung, über Traumata, über gewaltfreie Kommunikation,
00:25:34: all diese Dinge sind total nötig und es ist halt so schwer dieses System zu verändern,
00:25:40: deswegen würde ich gerne auf den nächsten Punkt zu sprechen kommen, nämlich dass du selber zur
00:25:46: Coaching geworden bist und deswegen hast du ja auch wirklich den Einblick in das aktuelle Tagesgeschehen.
00:25:51: Wir haben gesagt, es ist zehn Jahre her, ich würde behaupten, es hat sich tatsächlich nicht so viel
00:25:55: an dem Umgang mit der Begleitung von Aborten, von Fehlgeburten, von Todgeburten, stille Geburten,
00:26:03: etc. Papier, wie man es nennen mag, geändert. Deswegen kannst du uns gerne und bitte einen
00:26:08: Einblick auch in deine Begleitungen geben und ich versuche ja auch immer, deswegen sprechen wir
00:26:14: heute hier auch, dass wir halt die betroffenen Menschen da draußen erreichen, weil wir wissen,
00:26:18: systemische Strukturen zu verändern dauert sehr, sehr lange, deswegen finde ich, muss man tatsächlich
00:26:23: auch bei der anderen Seite.
00:26:25: auch wenn das leider immer die Leidtragenden sind,
00:26:28: die Opfer in dem ganzen Geschehen und diese eigentlich nicht dafür verantwortlich sein sollten,
00:26:31: was zu verändern, aber uns bleibt leider nichts anderes übrig als auch da anzusetzen.
00:26:36: Und wenn es nur das ist, die betroffenen Frauen, Männer in deinem Fall ja auch,
00:26:41: wie man sieht, denn man war natürlich auch betroffen und ihm wurde über den Mund gefahren.
00:26:44: Wir müssen auch euch da draußen stärken, dass ihr euch traut, für euch einzutreten.
00:26:49: Ja, also ich denke auch, genau es sind, es ist auf jeden Fall so,
00:26:53: dass Eltern, als werdende Eltern, als Paare sich wirklich stärken müssen,
00:26:58: also es ist ja egal in welcher Konstellation, sich stärken müssen.
00:27:04: Und ich habe im Nachhinein auch gedacht, wenn ich jetzt auf die Geburtin sehe
00:27:09: und auf die Schwangerschaften, die danach kamen, ist wirklich für uns der wesentliche Unterschied gewesen,
00:27:14: dass wir einfach sozusagen an dieser Schwangerschaft,
00:27:17: an dieser ersten Schwangerschaft diesen Selbstermächtigungsprozess durchgemacht haben.
00:27:22: Und uns so eine Situation nie wieder passiert ist,
00:27:26: einfach weil wir diesen Lernfaktor, diese Lernerfahrung gemacht haben
00:27:30: und einfach dadurch zu den Eltern geworden sind, die wir jetzt sind.
00:27:36: Und ich denke, das ist so ein Punkt, einfach zu sagen, es ist so schwierig,
00:27:41: wenn ich schwanger bin und mich freue und ich will und diese ganzen Ängste werden,
00:27:46: alle so weggeschoben, das ist schwierig,
00:27:49: weil ich denke, man sollte sich zumindest mit seinem Partner oder mit seiner Partnerin klar sein,
00:27:54: was machen wir, wenn was schief geht.
00:27:56: Also einfach auch über diese Seite der Dinge zumindest im Ansatz mal zu sprechen und zu sagen,
00:28:02: nicht nur wir bereiten uns auf die Geburt vor, sondern auch wir bereiten uns darauf vor,
00:28:07: was wollen wir, wenn eben eine belastende Diagnose vielleicht kommt, solche Sachen.
00:28:15: Und dann kann ich wirklich nur jeden ermutigen dazu, jeden und jede wirklich Fragen zu stellen
00:28:21: und sich nicht in der Schocksituation drängen zu lassen.
00:28:25: Also das kann man ja übertragen auf andere Lebensbereiche auch.
00:28:29: Wirklich zu sagen, ich lasse mich nicht in so einer Schock- und Schrecksituation zu etwas drängen,
00:28:35: wo ich jetzt gerade gar nicht in meiner Entscheidungsgewalt bin.
00:28:40: Also das sind ja die allerwenigsten Situationen im Leben, dass ich das sofort entscheiden muss.
00:28:46: Das betrifft ja wirklich nur den Fall der lebenserhaltenden Maßnahmen, ja oder nein,
00:28:54: im lebensbedrohlichen Fall.
00:28:57: Aber ansonsten ist es ja eigentlich immer so, dass ich nochmal sagen kann,
00:29:01: okay, wir schlafen, nochmal drüber, wir reden nochmal, wir ziehen eine Vertrauensperson hinzu.
00:29:05: Also das ist wirklich genauso, wie du sagst, eigentlich sollte es nicht so sein, dass es
00:29:10: Glückssache ist und dass ich nicht selbst sozusagen selbst stärken muss, um in diesen
00:29:15: Prozess zu gehen, aber die Tatsache ist einfach, dass es notwendig ist.
00:29:19: Also wir müssen als starke, so wie wir als starke Eltern, müssen wir auch starke,
00:29:24: werdende Eltern sein und lernen als Patientinnen und Patienten für uns zu sprechen und auch
00:29:29: als Paare für uns zu sprechen und eben die Verbindung zueinander in der Situation nicht
00:29:37: zu verlieren.
00:29:38: Also ich denke, das ist auch ein wesentliches Ding, dass es eben nicht nur die Frauen betrifft,
00:29:43: also quasi die schwangere Person, sondern auch die Begleitpersonen, dass die mit in
00:29:47: diesen Prozess eingebunden werden, ernst genommen werden und dass man wirklich auch
00:29:51: als Paar in der Verbindung bleibt, wenn es einen Partner gibt und eine Partnerin, wenn
00:29:55: es die nicht gibt, ist es umso wichtiger andere Vertrauenspersonen im Nahen einfach bei sich
00:30:01: zu haben, die den Weg mit mir gemeinsam gehen.
00:30:05: Ja.
00:30:06: Hast du sehr schön gesagt, sehe ich ganz genau so und du hast so viele wichtige Punkte
00:30:12: wieder angesprochen.
00:30:13: Ich würde da gerne eine bestimmte Dinge, ein bestimmtes Ding aufgreifen, weil wir im
00:30:18: vorherigen Gespräch da auch schon kurz drauf gestoßen waren.
00:30:21: Wie du sagst, man muss nicht sofort Entscheidungen treffen, aber leider ist die typische Situation.
00:30:28: Ich möchte gerne eine typische Situation einer Fehlgeburt besprechen, die am meisten beim
00:30:33: ambulanten Gyn oder Gynäkologin stattfindet, das leider festgestellt wird, dass das Herzchen
00:30:38: nicht mehr schlägt.
00:30:39: Dann, finde ich, wird meiner Meinung nach ganz oft suggeriert, dass es jetzt aber nur
00:30:45: die eine Lösung gibt.
00:30:46: Man muss sich sofort entscheiden, wenn man überhaupt die Entscheidungshoheit ausgestellt
00:30:52: bekommt.
00:30:53: Bekommt man ja in diesem Fall auch nicht.
00:30:54: Denn was so oft gang und gäbe ist, es wird einem sofort ein Überweisungsschein zur Küritage
00:31:01: ausgestellt, zur Ausschabung.
00:31:02: Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten.
00:31:04: Das möchte ich auch gerne nutzen, hier den Raum das einmal kurz anzusprechen.
00:31:08: Es gibt auch die Möglichkeit zuzuwarten, dass diese ganze stille Geburt von alleine
00:31:14: stattfinden darf.
00:31:15: Und es gibt auch die Möglichkeit, diese stille Geburt einzuleiten, medikamentös sozusagen
00:31:21: zu unterstützen.
00:31:22: Mir ist ganz wichtig, weil du das so toll gesagt hast, ihr dürft warten, ihr dürft drüber
00:31:28: schlafen.
00:31:29: Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Sätze überhaupt in dieser ganzen Umgebung, in
00:31:33: diesem Setting.
00:31:34: Wenn ihr eins aus dieser Folge mitnimmt, dann nehmt bitte mit.
00:31:37: Ich möchte noch eine Nacht darüber schlafen.
00:31:40: Ich glaube, das ist der wichtigste Platz, den ihr irgendwie dafür braucht.
00:31:43: Bei welcher Situation oder ich möchte mich besprechen, ich möchte eine Zweitmeinung einholen.
00:31:47: Das sind so Sätze, die solltet ihr parat haben.
00:31:50: Genau.
00:31:51: Und das wollte ich einmal mit diesem medizinischen Wissen in Verbindung bringen, weil halt leider
00:31:56: wirklich in Deutschland, wir sind eines der Länder mit der höchsten Ausschabungsrate
00:32:00: nach Fehlgeburt, was einfach nicht nötig ist.
00:32:03: Klar, wenn die Frau das möchte, viele sagen, ich möchte das so machen, weil in meinem individuellen
00:32:09: Trauerprozess ist das gerade nötig.
00:32:11: Ich möchte das schnell zu Ende bringen, aber es gibt auch viele Frauen, die sagen, ich
00:32:15: möchte, dass mein Körper das natürlich löst.
00:32:17: Ich brauche diese Zeit, um mich zu verabschieden.
00:32:19: Ich möchte sehen, ich schaffe das trotzdem alleine.
00:32:21: Das sind drei ganz verschiedene Blickwinke, die so wichtig darauf sind, das überhaupt
00:32:27: zu sehen.
00:32:28: Du hast auch selber gesagt, für dich war es wichtig, dass eben nicht diese Abbruch eingeleitet
00:32:34: wurde.
00:32:35: Ich glaube, du hast es auch beschrieben, dass es für dich heilsam war, wenn ich das richtig
00:32:37: verstanden habe.
00:32:38: Ja.
00:32:39: Ja.
00:32:40: Also genau, ich finde auch dieser Moment, der ist ja rational total klar.
00:32:46: Arzt oder Ärztin stellt dieses nicht schlagende Herz fest.
00:32:50: Es ist klar, was passieren muss.
00:32:52: Nur, dass dann da noch was dazwischen liegen darf, das kommt einfach zu kurz.
00:32:57: Und dieser Moment, diesen Zettel zu überreichen, sich einfach klar zu sein, wie schlimm es
00:33:02: ist für die Person, die es gerade betrifft.
00:33:04: Und was dafür eine Entgültigkeit auch damit überreicht wird mit diesem Zettel.
00:33:09: Das hat ja auch so eine starke Symbolkraft und so eine, ja, einfach energetisch, so
00:33:15: eine Wucht ist es, die auch auf einen da trifft als betroffene Person.
00:33:20: Und da sich so ein paar Standards zu überlegen, auch in der Schocksituation, lasse ich mich
00:33:26: nicht aus meiner Kraft, aus meiner Ruhe bringen, sondern überlege erst nochmal in Ruhe, überlege,
00:33:32: wer kann mir helfen, wer kennt sich vielleicht aus, wo kann ich mich informieren.
00:33:38: Natürlich muss man sich farflich richtig informieren.
00:33:42: Das ist schon natürlich wichtig.
00:33:44: Aber auch sollte es so sein, dass die Person, die das feststellt und ich der sage, was gibt's
00:33:51: es noch für andere Möglichkeiten, dann muss mich diese Person auch darüber aufklären.
00:33:55: Ja, es ist tatsächlich die Pflicht des Arztes, der Ärzte.
00:33:59: Richtig.
00:34:00: Aufgebungspflicht.
00:34:01: Und die wird so oft vernachlässig.
00:34:03: Das ist unglaublich.
00:34:05: Richtig.
00:34:06: Und ja, es war auf jeden Fall heilsam für mich, weil du das gestrackt hast, ob das
00:34:11: heilsam war für mich.
00:34:13: Ja, ich konnte.
00:34:14: Also es ist tatsächlich, es sind Situationen, die plant man vorher nicht im Leben.
00:34:19: Hätte ich, würdest du mich so fragen, hätte ich das nicht beantworten können, was hätte
00:34:25: ich gemacht in der Situation.
00:34:26: Und das zeigt eben auch wieder so schön, dass man solche extremen Situationen nur beurteilen
00:34:33: oder abschätzen kann, wenn es so ist.
00:34:35: Weil ich wusste dann in der Situation, nein, ich kann das einfach nicht.
00:34:39: Ich kann diese Schwangerschaft nicht abbrechen.
00:34:42: Es ist einfach so.
00:34:43: Ich kann nicht sagen, nur weil du jetzt nicht ganz richtig bist, will ich dich nicht.
00:34:48: So.
00:34:49: Und das, ob jetzt das Herz so oder so ist, egal, wir werden es sehen.
00:34:54: Wir gehen damit um.
00:34:56: Und es war klar, dass wenn die Lebensfähigkeit nicht gegeben ist, dass es dann auch in Ordnung
00:35:02: ist, dass wir natürlich nichts Lebensverlängern machen.
00:35:05: So, das war dann die Absprache mit dem Klinat.
00:35:07: Und das war eine unglaublich stärkende Erfahrung, wirklich zu sagen, sie, unsere Tochter hat
00:35:13: das selbst entschieden.
00:35:14: Und sie hat uns gebraucht, dass wir für sie kämpfen.
00:35:18: Schön, ja.
00:35:19: Das resonate total mit mir.
00:35:21: Ich kann es so nachvollziehen.
00:35:23: Und gleichzeitig, es ist deine Geschichte.
00:35:26: Ich kann es nachvollziehen und es muss nicht jeder Mensch da draußen nachvollziehen können.
00:35:30: Ihr habt die Leute dabei die Wahlmöglichkeit haben.
00:35:32: Das ist das Wichtigste.
00:35:33: Genau.
00:35:34: Das sollte sein, so eine schwierige Situation.
00:35:38: Und ich sehe das auch jetzt bei der Begleitung von Menschen.
00:35:42: Ich denke, weil du ja auch gesagt hast, die rechtlichen Rahmenbedingungen möchtest
00:35:46: besprechen.
00:35:47: Also ich finde genau das ist auch der Punkt, dass eben A) die Information und B) die Unterstützung,
00:35:56: also einfach Raum, physisch und finanziell für Unterstützungsmöglichkeiten geben sein
00:36:02: muss.
00:36:03: Und C) aber auch diese Wahlfreiheit eben da sein muss.
00:36:07: Weil für ganz viele ist es so, die sagen, ich kann gar nicht nach Hause gehen und drüber
00:36:11: schlafen.
00:36:12: Es muss einfach so schnell wie möglich beendet werden.
00:36:14: Oder ich möchte nach dem Fehlgeburt nicht den Mutterschutzanspruch nehmen.
00:36:18: Ich möchte so schnell wie möglich wieder arbeiten, weil meine Arbeit hilft mir und
00:36:23: gibt mir das, was ich jetzt gerade brauche.
00:36:26: Und dann ist es genauso in Ordnung.
00:36:28: Also das ist ja genauso, also diese Wahl zum Schwangerschaftsabbruch ist ja eine ganz,
00:36:33: ganz wichtige.
00:36:34: Also nicht, dass jemand mich jetzt falsch versteht, der oder die zuhört.
00:36:39: Natürlich ist es ganz wichtig, dass es diese Möglichkeit geben muss und dass die auch an
00:36:44: Anspruch genommen werden kann und so weiter und so fort.
00:36:47: Nur eben, was nicht sein darf, ist so ein Automatismus in die eine oder in die andere
00:36:52: Richtung.
00:36:53: So ein automatischer Ablauf, ohne dass die Person überhaupt gesehen, gefragt und irgendwie
00:36:59: überhaupt mit auf diesen Prozess überhaupt mitgenommen wird.
00:37:04: Ja, sehr schön nochmal auf den Punkt gebracht.
00:37:06: Genau das versuchte ich auch dazu stellen.
00:37:09: Ich glaube, es ist nochmal richtig schön deutlich geworden.
00:37:11: Ich würde das gerne nutzen, dafür um noch auf das wichtige Thema des gestaffelten Mutterschutzes
00:37:18: zu kommen.
00:37:19: Du hast das gerade schon angedeutet.
00:37:20: Bislang.
00:37:21: Das ist ja immer noch.
00:37:23: Erst ab der 24.
00:37:24: Schwangerschaftswoche hätte es den Mutterschutz gegeben.
00:37:27: Da haben wir uns alle sehr, sehr lange drüber im Pörd aufgeregt und jetzt endlich eine
00:37:32: Änderung bewirkt.
00:37:33: Ab dem 1.
00:37:34: Juni 25 der Mutterschutz, der auch schon eher greift, nämlich ab der 13.
00:37:38: Woche.
00:37:39: Ab der 13.
00:37:40: Woche stehen einem zwei Wochen Mutterschutz zu und dieser wird gestaffelt bis zur 20.
00:37:44: Woche hoch, ab dem man dann glaube ich, ich hoffe ich sage es jetzt nicht falsch, die vollen
00:37:50: acht Wochen Mutterschutz gewährleistet bekommt.
00:37:53: Wie findest du das?
00:37:55: Ich möchte gerne auch den Raum öffnen, das natürlich zu feiern, aber auch kritisch zu
00:38:00: hinterfragen.
00:38:01: Du begleitest Frauen oder Paare, Eltern in diesen Situation.
00:38:04: Denkst du, das wird angenommen?
00:38:07: Wie wurde es vorher gelöst?
00:38:08: Ich kenn die Situation, es hängt und steht und fällt dann wieder natürlich mit dem individuellen
00:38:14: Arztärztin.
00:38:15: Also bis dann, ob man krankgeschrieben wird oder nicht.
00:38:17: Und das ist wieder die Glückssache, von der wir gesprochen haben.
00:38:20: Deswegen finde ich es so richtig, dass jetzt wirklich ein rechtlicher Rahmen besteht.
00:38:23: Genau, ich habe viel gequatscht.
00:38:25: Wie findest du diese Änderung?
00:38:27: Ich finde auch genau wie du sagst, dass es wieder Glückssache ist, ob ich krankgeschrieben
00:38:33: werde, wenn ich es vielleicht brauche, finde ich zu wenig, weil in der verletzlichen Situation
00:38:37: ist nicht jeder in der Lage das für sich durchzusetzen und zu sagen, ich hoffe mal die Ärztin oder
00:38:42: der Arzt schreibt mich krank.
00:38:43: Über bin ich auch der Meinung, es ist gut, wenn es diese Rahmenbedingungen gibt, dass
00:38:48: ich sozusagen sagen kann, es ist mein Recht, diesen Mutterschutz in Anspruch zu nehmen.
00:38:52: Es kann mir daher nicht passieren, dass mir die Krankschreibung verwehrt wird.
00:38:56: Was ich aber wichtig finde ist, dass es kein Muss ist.
00:39:00: Weil ich eben so wie schon angedeutet hatte, auch viele Frauen kennelt, die sagen, sie möchten
00:39:06: zum Beispiel gar nicht, dass der Arbeitgeber das weiß.
00:39:09: Oder man muss ja nicht unbedingt direkt ab der zwölften Woche mitteilen, dass man schwanger
00:39:15: ist.
00:39:16: Vielleicht hat man es noch gar nicht mitgeteilt.
00:39:17: Vielleicht, wie auch immer, möchte man gar nicht, dass der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin
00:39:24: diese Information bekommt, sondern möchte lieber eine Krankschreibung haben.
00:39:27: Dann gibt es auch viele, ich bin da immer so ein bisschen hin und her gerissen, weil ich
00:39:32: denke, vielen würde die Pause wirklich gut tun und es passiert da viele Verdrängung.
00:39:37: Also auch bei denen, die sich so schnell zum Abbruch bewegen, es ist immer, also mein
00:39:44: Rat ist immer, lieber zu warten und nochmal kurz sich Zeit zu geben.
00:39:50: Und das finde ich auch nach der Fehlgeburt besser Zeit zu haben und was auch immer dann
00:39:56: die Rahmenbedingungen in dem individuellen Fall sind.
00:39:59: Also wie was für einen Arbeitgeber oder Arbeitgeberin habe ich, oder wie ist sonst meine private
00:40:04: Situation.
00:40:05: Ich bin schon kleine Kinder da, die versorgt werden müssen, was auch immer.
00:40:08: Da die individuelle Lösung zu finden, finde ich immer am wichtigsten und eben nicht die
00:40:15: schnelle Lösung.
00:40:16: Aber trotzdem, wenn Frauen für sich entscheiden, dass sie diese schnelle Lösung wollen, ist
00:40:21: es auch legitim, dann muss das auch möglich sein.
00:40:23: Insofern finde ich das so mit dieser gestaffelten Variante und dass man es eben nicht in Anspruch
00:40:29: genommen werden muss.
00:40:30: Ich finde ich relativ realitätsnah.
00:40:33: Ich weiß nicht, wie du es siehst aus deiner Praxis.
00:40:36: Danke für die Einordnungen.
00:40:38: Ich sehe es genauso wie du es gerade beschrieben hast.
00:40:41: Was mir darüber hinaus allerdings noch an den Kopf kommt, ist, dass ihr ja trotzdem wieder,
00:40:49: sagen wir so eine Einordnung stattfindet, auch von rechtlicher Seite oder von staatlicher
00:40:53: Seite, dass man verschieden lang braucht, je nach Alter der Schwangerschaft, um zu trauern.
00:41:01: Darauf würde ich auch noch in der Folge eingehen.
00:41:03: Ich finde es sowieso schwierig, dass wieder ein zeitlicher Rahmen gesetzt wurde, erst
00:41:07: ab der 13.
00:41:08: Woche.
00:41:09: Da gibt es natürlich Gründe für, es wird einerseits gesagt, in Deutschland ist es ja nun mal
00:41:13: so, dass dann eben nicht mehr operativ abgebrochen werden kann, sondern wirklich diese stille
00:41:20: Geburt als spontan Geburt vonstatten gehen muss.
00:41:24: Das ist einer der Gründe, warum dieser Cut gesetzt wurde, ab der 13.
00:41:29: Woche.
00:41:30: Alles davor bleibt so wie vorher, obwohl eigentlich bekannt ist.
00:41:35: Egal in welcher Phase der Schwangerschaft, egal wie weit fortgeschritten diese Schwangerschaft
00:41:40: ist, es ist individuell, wie die Frau damit umgeht, wie sie trauert.
00:41:44: Es kann genauso schlimm sein.
00:41:47: Ganz am Anfang, sobald der Herzschlag schon festgestellt wurde, dieses Kind zu verlieren,
00:41:53: als am Ende der Schwangerschaft.
00:41:54: Ich will das niemandem wegnehmen oder in den Mund legen, wie diese Trauer auszusehen hat.
00:41:59: Und ich finde, das ist halt schwierig, dass es jetzt wieder in diesen Staffelungen festgehalten
00:42:05: wurde und sowieso nicht vor der 13.
00:42:07: Woche greift.
00:42:08: Andererseits, ich bin froh, dass überhaupt was verändert wurde.
00:42:10: Das ist ein Wink in die richtige Richtung.
00:42:14: Aber ich finde, da ist durchaus noch Potenzial, damit noch sensibler umzugehen.
00:42:19: Ja, ich glaube, da sind wir eben wieder bei den Zwängen, die in der systemischen Einordnung
00:42:27: liegen.
00:42:28: Also dadurch, dass es ja keinen adäquaten Umgang mit Trauer und mit Therapiemöglichkeiten
00:42:33: gibt, entsteht es ja erst so.
00:42:35: Also das schwebt so wie im Luftleerenraum dahin, dass Frauen halt irgendwie, irgendwie werden
00:42:41: sie schwanger und irgendwie, wenn sie das Kind verlieren, dann ist es halt irgendwie, dann
00:42:44: müssen sie halt irgendwie damit klarkommen.
00:42:45: So ist es ja ein bisschen.
00:42:47: Und dann erkennt man, okay, ja, bei der Schwangerschaft, also nach der Geburt oder nach der Fehlgeburt,
00:42:53: es ist irgendwie eine Schutzbedürftigkeit, mal gut, dann müssen wir irgendwas festlegen.
00:42:57: Wäre das Ganze eingebettet in vernünftige Unterstützungsstrukturen, würde sich das auch
00:43:03: nicht so komisch anfühlen und so als zu wenig anfühlen, wie du es zwar beschrieben hast.
00:43:08: Also das ist so, könnte ich auch, also ich meine, wir, die Kinder bekommen haben, wissen
00:43:13: ja alle, wie das ist, wenn, also das wäre am Tag nach dem Schwangerschaftstest, nach
00:43:18: dem Positiven auch schrecklich gewesen.
00:43:21: Also natürlich, das ist überhaupt keine Frage.
00:43:24: Und wenn ich dafür länger brauche, um das zu verarbeiten oder eben kürzer, dann ist
00:43:28: es meine persönliche Sache und dann ist sie auch legitim.
00:43:32: Aber ich glaube, da sind wir einfach auch in dem Bereich wirklich, wo wir einfach sehen,
00:43:38: dass, dass diese, diese mentalen Gesundheitsthemen einfach viel zu wenig Raum und Ressourcen
00:43:47: und Beachtung finden.
00:43:48: Ja und so wie du sagst, es ist so wenigstens, gibt es jetzt mal irgendwas.
00:43:53: Das ist ja auch so ähnlich mit dieser 500 Gramm Regel bei den stillgeborenen Babys.
00:43:58: Man auch sagen muss, irgendwo musst du so eine Grenze gesetzt werden.
00:44:03: Es fühlt dich auch komisch an und ich finde auch, es ist auch schwierig zu sagen, du musst
00:44:08: es dann als Leiche behandeln, das Baby.
00:44:11: Auch nicht alle wollen das vielleicht, aber man musste irgendwo so eine Marke setzen
00:44:17: in Antwingstrichen.
00:44:18: Also das ist kein einfaches Thema und ich glaube eben, es wäre einfacher, wenn es mehr Unterstützung
00:44:23: geben würde am Rande, weil dann würden diese harten gesetzlichen Regelungen besser ausgefangen
00:44:28: werden von so einem Unterstützungssystem.
00:44:30: Und deswegen überhaupt so schließt sich dann der Kreis für mich diese, diese Arbeit
00:44:36: als Coach in dem Bereich, weil ich eben sehe, dass es viel zu wenig Angebote gibt und dass
00:44:40: es einfach auch totgeschwiegen wird.
00:44:42: Was auch, also das ist das andere große Thema für mich neben dem, dass ich finde, okay,
00:44:49: was ist dann nach den Mutterschutz?
00:44:51: Weil klar, ich hatte die acht Wochen, ich hatte eine stimmende Geburt, das Kind hat
00:44:55: eine Geburtsochkunde gekriegt.
00:44:57: Das ist alles sozusagen wie eine normale Geburt verlaufen und dadurch auch der Mutterschutz
00:45:02: gewesen, nur nach den acht Wochen, was ist dann?
00:45:05: Also dann kommt auch keine Hebamme mehr, dann, ja, dann steht man halt alleine da und irgendwie
00:45:09: haben wir uns da so durchgekämpft und ich denke, ja, wir sind halt, wir hatten viel Glück
00:45:14: auch und sind halt aber auch resiliente Menschen so grundsätzlich und haben halt auch irgendwie
00:45:19: das geschafft, uns damit zu beschäftigen.
00:45:21: Aber viele schaffen das halt nicht einfach so ohne Unterstützung oder haben noch andere
00:45:26: zusätzliche Herausforderungen im Leben, die vielleicht gerade noch dazukommen, die es
00:45:31: dann schwieriger machen, auch wirklich diesen Trauerprozess gut zu durchschreiten.
00:45:38: Deswegen finde ich es auch so wertvoll, was du machst.
00:45:41: Also sag gerne nochmal, wenn hier gerade Betroffene zuhören, wo man dich erreichen kann, in welcher
00:45:46: Form du vielleicht auch Coachings anbietest, einfach was vielleicht ein erwartet, wenn
00:45:51: man sich an dich wendet, wenn man sagt, ich brauche Hilfe, aber irgendwie weiß ich gar
00:45:55: nicht wo, wie, was.
00:45:56: Ja, gerne.
00:45:57: Also ich biete einzelne Coachings an und auch Gruppen.
00:46:02: Man kann sich mein Angebot auf starkesternenkindereltern.de anschauen oder mir eine E-Mail schreiben
00:46:08: an info@starkesternenkindereltern.de und man kann auf der Website auch direkt ein Gespräch
00:46:13: mit mir vereinbaren, übersuchen oder Telefonen geht natürlich auch.
00:46:19: Ich korte über Zoom und auch persönlich und ich habe auch eine Gruppe, die sich so beschäftigt
00:46:30: mit diesem Thema eben, wie finde ich überhaupt wieder Kraft nach dem Verlust?
00:46:33: Also wenn so die, weil das auch so meine Haupterfahrung war, wenn so diese akute Trauer geschafft
00:46:39: ist, wie geht es dann eigentlich weiter und wie kann ich da wieder Kraft sammeln für
00:46:44: mich in sozusagen meinen Verlust integrieren, aber also ohne das so zu verdengeln und einfach
00:46:50: so zu tun, als ob alles wieder in Ordnung wäre, als ob alles so wie vorher ist, weil es einfach
00:46:56: nicht so ist und das einfach diese Erwartung ja von außen aber so ist, dass man dann irgendwie
00:47:01: wiederhergestellt ist und dann soll man genauso wieder funktionieren wie halt vorher auch.
00:47:05: Und das ist so mein Hauptanspruch sozusagen, dass das anders werden soll, dass man da in
00:47:13: diesen Prozessen mehr Unterstützung findet.
00:47:15: Ja, ich habe auch noch eine andere Gruppe, die sich generell mit Herausforderungen in
00:47:21: der Elternschaft beschäftigt, wo ich das auch immer wieder feststelle, wie sehr dieser
00:47:25: Perfekt-Zeitsanspruch über den ja du auch schon viel geredet hast, der auch in der
00:47:30: in Anführungsstrichen normalen, ja mit doppelten Anführungsstrichen Elternschaft, weil keine
00:47:34: Elternschaft ist normal, aber ich meine jetzt Elternschaft im Sinne eines Kindes, das da
00:47:39: ist und versorgt werden muss, wie da man schon kämpft mit diesen komischen Rollen, Bildern
00:47:45: und Idealen und Ideen, wie das schon belastend ist, ohne dass man dann eine traumatische Erfahrung
00:47:53: gemacht hat, packt man da noch eine traumatische Erfahrung mit um drauf und dann fühlt sich
00:47:57: wirklich so wie im Schreien scheinen, hatte ich so das Gefühl, dass ich so dachte, okay
00:48:02: und so soll ich jetzt zurück in mein Büro gehen und einfach so tun, als ob nicht gewesen
00:48:07: wäre.
00:48:08: Ja, also es ist total schrecklich einfach.
00:48:11: Ja, es ist abwurrt und zeigt wieder, wie wenig dann doch mentale Gesundheit, aber auch
00:48:17: Frauengesundheit irgendwie gesehen würde in unserer Gesellschaft.
00:48:21: Ja, definitiv.
00:48:22: Also es hat ja so viele Beispiele gegeben in der Pandemie und so weiter, wo immer gesagt
00:48:28: hat, ach noch ein Scheufelchen drauf und noch ein Scheufelchen drauf und geht schon noch
00:48:32: und das machst du auch noch und so und es ist eben einfach nicht so und das finde ich einfach
00:48:38: also dieses ja mit sich selbst liebevoll sein und ja mit den eigenen Kräften auch gut
00:48:46: umgehen lernen.
00:48:47: Ich glaube, das ist eines der wesentlichsten Dinge, die wir so tun müssen auch gerade in
00:48:52: Zeiten wie diesen, wo schon von außen so viel kommt, dass irgendwie verarbeitet werden
00:48:57: muss, dass wir rauskommen aus diesem ich schulte alles automatisch und bin immer automatisch
00:49:04: im im im dringend Modus sozusagen, im Leistungsmodus.
00:49:08: Ja, so schön.
00:49:10: Ich finde, das klang schon fast nach den perfekten Worten hier zum Abschluss.
00:49:15: Wir sind nämlich schon am Ende der Zeit angekommen.
00:49:18: Trotzdem möchte ich nochmal ganz zum Ende das Wort an dich richten.
00:49:21: Vielleicht hast du noch irgendwas, was während des Gesprächs zu kurz kam, irgendwie Schlussworte
00:49:26: für für die Frauen da draußen.
00:49:28: Ich empfinde das Gespräch als super super wertvoll.
00:49:31: Mir hat es mitgegeben.
00:49:32: Hoffentlich kommt es rüber, diese Erlaubnis überhaupt mal zu teilen, nachdenken zu dürfen
00:49:39: über die Entscheidungen, die einem vielleicht einfach vorgelegt werden, die Erlaubnis zu
00:49:43: erhalten für ich darf eine Pause machen, ich darf individuell trauern, ich darf meine Entscheidung
00:49:47: treffen.
00:49:48: Das hat das Applabieren hinterlassen.
00:49:50: Vielen, vielen Dank dafür.
00:49:51: Und trotzdem auch an dich nochmal, liebe Angelika, wenn du noch ein letztes Wort für die Zuhörer*innen
00:49:57: da draußen hast.
00:49:58: Sehr gerne.
00:49:59: Ja, ich glaube, wenn man meine Erfahrungen mit meiner ersten Tochter zusammenfassen
00:50:05: kann, dann kann ich sagen, vertraut auf euer Bauchgefühl.
00:50:08: Also ich bin seitdem wirklich, also ich habe immer schon viel auf mein Bauchgefühl vertraut,
00:50:13: sonst hätte ich glaube ich in der Situation auch nicht so einfach diese Wut auch so da
00:50:18: raus an die gerichtet und gesagt, so möchte ich das nicht, so möchte ich nicht behandelt
00:50:22: werden.
00:50:23: Ich denke einfach immer so, es war genau richtig der Weg so, wie er war und deswegen vertraue
00:50:28: ich auch darauf, dass ich schon spüre, was richtig ist.
00:50:31: Und das möchte ich einfach noch mal allen mitgeben, wirklich sich selbst, sich diese
00:50:36: Zeit zu nehmen, immer wieder sich selbst zu spüren und zu spüren, okay, was möchte ich
00:50:41: eigentlich?
00:50:42: Und wie kann ich das formulieren, vielleicht, also wie auch immer, die Form, dann ist das
00:50:49: nach außen zu bringen und eben auch, dass ihr nicht alleine seid, auch wenn es in diesem
00:50:56: System, in dem wir leben, manchmal so wirkt, ihr seid nicht alleine und ihr müsst nicht
00:51:03: perfekt sein, sondern ihr dürft die sein, die ihr seid und es ist auch wichtig, sich
00:51:11: gegen dieses, gegen diesen Zwang der perfekten, schwangeren Mutter, was auch immer zu stellen.
00:51:18: Ich finde, das ist eines der wichtigsten Dinge, wirklich auch, man hat mich auch selbst sehr
00:51:23: beschäftigt, das überhaupt auszusprechen, ist total gut und wichtig.
00:51:28: Also niemand muss diesen Bildern, die wir da von außen ausgeliefert sind, ständig
00:51:35: entsprechen.
00:51:36: Ich denke, das ist so meine wichtigste Botschaft und da hilft es eben auch mit anderen, sich
00:51:43: mit anderen auszutauschen und eben nicht dieses Gefühl, diese Einsamkeit, während alle anderen
00:51:49: bekommen ein gesundes Baby nach dem anderen, so ist ja dann das Gefühl, dass man dagegen
00:51:56: auf jeden Fall was tun kann und ihm ja nicht diesem Glauben verfallen, dass alle in so
00:52:04: einer perfekten Bubble leben, weil es ist eben nicht so.
00:52:07: Und das führt dann aber dazu, dass wir nicht mehr darüber sprechen, über das, was halt
00:52:12: nicht gut läuft, wo wir vielleicht Angst haben oder uns Sorgen machen und ja, findet diese
00:52:17: Person, mit der ihr sprechen könnt, so vielleicht, über die, mit der ihr ehrlich sprechen könnt.
00:52:23: Sehr schön.
00:52:24: Tausend Dank, Angelika.
00:52:26: Ich wünsche dir alles, alles Gute und ich hoffe euch draußen hat diese Folge auch ganz
00:52:31: viel mehr Wert mitgegeben.
00:52:32: Es war ganz viel Herz mit dabei, ganz viel Wissen würde ich behaupten und ich freue mich,
00:52:37: dass ihr eingeschaltet habt.
00:52:38: Macht's gut, Angelika und ihr da draußen.
00:52:41: Danke dir, Mela.
00:52:42: Mama Talk, der Podcast von Mamas für Mamas, eine Antenne Niedersachsen-Produktion.
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