Tabuthema Stille Geburt: Wir sprechen drüber!
Shownotes
In dieser Folge geht es um sensible, aber so wichtige Themen: Fehlgeburten und stille Geburten. Darüber sprechen wir mit unserer Gästin Lisa. Sie ist Mama von vier Kindern, zwei davon hat sie während der Schwangerschaft verloren. Und Lisa hat eine Vision: Sie möchte mit dem Tabu rund um Fehlgeburten und späte Schwangerschaftsabbrüche aufräumen und auch anderen Betroffenen eine Stimme geben. Darum erzählt sie uns offen und ehrlich von ihren Erfahrungen. Wir sprechen über Fehler im System, die richtige Hilfe durch Freunde und Familie und letztendlich über Wege, den Verlust zu integrieren. Wenn ihr gerade ähnliche Erfahrungen macht oder gemacht habt: Ihr müsst da nicht alleine durch!
Mehr Infos zu Lisa findet ihr hier oder bei Instagram.
Weiterführende Links zum Thema: https://www.familienplanung.de/schwangerschaftskonflikt/schwangerschaftsabbruch/abbruch-nach-auffaelligem-befund/
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00:00:00: Hallo, liebe Mamas da draußen. Wir haben heute ein sehr, sehr sensibles Thema für euch,
00:00:13: nämlich das Thema Fähgeburt und Schwangerschaftsverluste. Und hierzu reden wir mit einer
00:00:19: Gästin, nämlich die Liebe Lisa. Da hat es zwischen uns drei direkt total gefunkt und wir waren sehr
00:00:26: euphorisch am Anfang noch im kenntlernen Gespräch und sind dann sehr, sehr tief aber getaucht. Es ist
00:00:32: meine erste Folge, wo ich weine. Also werdet mich schluchzen hören. Denn Lisa hat sich dafür entschieden,
00:00:40: nicht still zu sein, sondern zu erzählen, was eigentlich eine stille Geburt für sie bedeutet hat.
00:00:47: Hallo ihr lieben Mamas da draußen. Wir haben heute mal wieder eine sehr wundervolle Gästin,
00:00:55: bei uns dabei. Als wären nicht alle Gästinnen bei uns wundervoll. Aber ich muss sagen direkt,
00:01:02: Vibe ist echt schön zwischen uns und ich freue mich total auf das Gespräch, wenn es auch ein sehr
00:01:08: tiefes Thema ist und wir durchaus auch bei dem guten Vibe, das uns jetzt so zusammengebracht hat,
00:01:14: auch Ernsthaftigkeit um die Ecke kommen wird. Und zwar ist das die Liebe Lisa und sie wird mit
00:01:22: uns über das ganze Thema Fähgeburt, Sternenmama, stille Geburt und so weiter erzählen. Liebe
00:01:30: Lisa, magst du dir kurz vorstellen? Ja sehr gern. Ich bin Lisa, ich bin 36, wohne in Hamburg und sage
00:01:38: immer wieder, ja ich habe halt vier Kinder, aber eben nur zwei wohnen mit mir hier. Ich nutze jetzt
00:01:44: den Sternenmama Begriff nicht unbedingt so für mich, aber ich habe halt noch zwei Kinder, die
00:01:48: einfach nicht mit uns hier zusammen leben können und trotzdem eine total wichtige Rolle irgendwie
00:01:53: in meinem Leben spielen, was eben auch ein Grund dafür ist, dass ich hier mit euch jetzt hier bin,
00:01:59: um damit euch darüber zu sprechen, weil ich halt finde, dass das Thema Fähegeburt und auch
00:02:04: Schwangerschaftsverlust an sich in all seinen Facetten ja einfach noch viel, viel mehr Aufmerksamkeit
00:02:10: braucht eigentlich, als derzeit bekommt, weil es einfach so viele Frauen und Partnerinnen betrifft,
00:02:18: dass ich das gerne ändern würde. Sehr schön, vielen Dank für deine Offenheit und willst
00:02:25: uns vielleicht direkt mal abholen, dass wir uns vorstellen können, wie das damals so für dich war.
00:02:30: Wir wissen auch, du hast ja gerade erzählt, du hast zwei Söhne, ich würde zum Beispiel auch
00:02:33: interessieren, wann haben diese Fähgeburten stattgefunden? War das direkt vor den zwei Söhnen,
00:02:39: die jetzt bei dir mit euch leben oder wie kann man sich das vorstellen? Erzähl gerne mal. Genau,
00:02:45: das war tatsächlich in dieser verrückten Corona-Zeit. Wir hatten schon einen Sohn,
00:02:50: der war damals zwei und ich war dann mit meinem zweiten Kind schwanger und es war eigentlich
00:02:54: alles gut, also so verrückt die Zeit im Corona war, Kind zu Hause zu versuchen zu arbeiten und
00:03:00: dass irgendwie die Schwangerschaft läuft so nebenbei, bis ich dann in der 20. Woche bei meiner
00:03:06: Frauenärztin war, zu diesem normalen Zweitrimester-Screening, in dem dann so beim Rausgehen
00:03:12: mir noch eine Überweisung zur Prenataldiagnostik ausgehehren, wo ich sollte mal die Nieren
00:03:17: kontrollieren lassen. Aber da wäre nichts Schlimmes, das könnte man so in vier Wochen machen, bis
00:03:22: dahin hätte sich das sicherlich verwachsen, aber sie würde es einmal kontrollieren lassen. Und wir
00:03:26: wollten dann aber allerdings auch länger in den Urlaub, was dann endlich nach Corona oder dazwischen
00:03:31: mal wieder möglich war, sodass ich nicht warten wollte, ehrlich gesagt, habe dann relativ bald für
00:03:37: den folgenden Freitag dann einen Termin ausgemacht und dann folgte im Prinzip dieser Moment, den man
00:03:44: sich wie so ein Film vorstellen kann und es gibt ja auch einen sehr guten Film zu diesem Thema. Ich
00:03:50: liegt da auf dieser Liga mit meinem Mann, der zum ersten Mal eigentlich unseren Sohn dann auch
00:03:56: sehen konnte und dieses, sie untersucht zu lange und sie wird auf einmal zustimmelt und dann schallt
00:04:04: sie noch mal das Herz, dann schallt sie noch mal den Kopf, wieder Herz, wieder Kopf, also es ist
00:04:08: immer so hin und her und in dem Moment wusste ich schon, hier ist irgendwas, also irgendwas wird
00:04:13: auf jeden Fall passieren sozusagen und als sie dann noch den Bildschirm wieder ausmacht, das
00:04:19: Foto ausdruckt und sich so ganz bestimmt zu uns dreht und dieser Satz ja, ich muss ihn leider mitteilen
00:04:26: und dann folgt er halt sozusagen einfach dieser Absturz. Also ich vergleiche es mal gerne, wie als
00:04:32: wird man irgendwie so eine Tretbootfahrt buchen und auf einmal ist man in so einem Wildwasserrafting
00:04:36: drin, aber ohne jegliche Ausstattung und Vorbereitung, weil dann ging es halt los. Zuerst hat sie uns
00:04:43: quasi eröffnet, dass er auf jeden Fall einen sehr, sehr schweren Herzfehler hat, weswegen er auf
00:04:48: jeden Fall nach der Geburt sofort operiert werden müsste. Die Arterien waren quasi falsch
00:04:54: angeschlossen, als es zum Ersticken geführt hätte bei ihm und dann hat sie uns, ich kann das gar nicht
00:05:04: mehr so ganz rekonstruieren, weil da war ich ehrlich gesagt ziemlich weit neben mir, sage ich mal,
00:05:08: aber aus der Erinnerung, die ich mir da zusammenrufe, haben wir halt ganz viel und schon über, wir
00:05:12: treffen Kalliologen, wie könnte eine Geburt aussehen, also es ging dann auch echt sehr,
00:05:17: sehr schnell und hat uns dann aber noch empfohlen, eine Fruchtwasserfunktion zu machen, um noch weitere
00:05:23: Faktoren auszuschließen oder sie zu kennen, sage ich jetzt mal. Und dem haben wir dann zugestimmt,
00:05:29: weil ehrlich gesagt habe ich mich da sowieso nur noch ergeben, irgendwie in dem Sinn, sage ich mal.
00:05:35: Und dann folgte das grausamste Wochenende der Welt und am Montag die grausamste Diagnose, weil
00:05:43: dann der Anruf tatsächlich kam, dass unser Sohn das P1000 rund, Rysomie 13 hat und das in der,
00:05:51: also sowohl die Chromosonen, wie sie gestaltet sind als auch aber auch, wie sich das Bild auf dem
00:05:58: Ultraschall gezeigt hat, halt ein Leben für ihn so nicht möglich war außerhalb meines Bauchers
00:06:03: und selbst Großzweifel bestanden, ob er die Schwangerschaft noch überleben würde. Genau und
00:06:10: da saßen wir dann noch irgendwie mit einem Zweigierigen, der um uns rumturnt, der sein recht
00:06:18: einfordert, Kind zu sein, fröhlich zu sein und wir irgendwie beide einfach nur völlig verloren in
00:06:25: dem Sinne waren, möchtest dich gegenseitig tröst, aber es gibt kein Trost, du willst sprechen,
00:06:30: es gibt aber eigentlich auch nichts zu sprechen, also es ist so, ja dann erstmal einfach wirklich
00:06:37: das Furchtbarste gewesen, was wir in unserem Leben bis dahin erlebt haben und ja, dann bist du da in
00:06:44: dieser Entscheidungsfindung, wie geht es weiter, träge ich die Schwangerschaft weiter aus oder
00:06:52: entscheiden wir uns halt für den Abbruch der Schwangerschaft. Ja an dem Punkt möchte ich
00:06:57: erstmal auch wirklich aus der Rolle als Mama dementsprechend kann man so ja das Nachempfinden,
00:07:02: diesen Moment, diese Aufregung, die ist ja immer da, wenn eben diese Untersuchungen feststehen,
00:07:07: ich weiß noch wie mein erster Ultraschall durchgeführt worden ist, wie doll ich gezittert
00:07:13: hat, weil ich einfach so aufgeregt war und wissen wollte ob alles in Ordnung ist und es tut mir
00:07:19: ganz doll leid, dass ihr in dem Moment nicht die Zeit bekommen habt gehalten zu werden, sich danach
00:07:25: anhört, dass es direkt etwas funktionaler weiterging und nochmal abprüfen, okay, was sind jetzt
00:07:33: die nächsten Schritte, Kardiologen noch Fruchtwasser und so weiter und sofort, also schon Wahnsinn, was
00:07:40: ihr da dann getragen habt in dem Moment alleine als Paar. Ja, also mir kam es in dem Moment,
00:07:47: ich glaube da war die Sachlichkeit fast schon manchmal eine Hilfe, glaube ich, also wir hatten
00:07:51: super gute Prenataldiagnostikerin, wirklich, ich bin auch in folgenden Schwangerschaften noch,
00:07:55: noch weiter zu ihr gegangen, weil sie einfach eine sehr große Hilfe für uns in dem ganzen
00:08:00: Prozess auch war und ganz ehrlich, ich glaube manchmal das könnte so behutsam mitgeteilt werden,
00:08:06: es gibt da, das ist nichts Gutes sozusagen, da gibt es auch kein Weg, das irgendwie besser
00:08:15: aushaltbar sozusagen zu machen und ich glaube das Wichtige war dann, dass wir uns halt vor allem
00:08:21: in diesen Tagen dazwischen, wo eigentlich ja noch alles so unklar war, weil einfach ganz doll auf
00:08:26: Menschen in unserem Umfeld verlassen konnten, die sich dann halt um unseren Kleingekümmert haben,
00:08:30: sodass wir halt da in der Zeit hatten, uns zu halten, also genau wie du es gesagt hast,
00:08:34: es ist so schwer, sich noch zu spüren, das Baby, die Gedanken überhaupt noch zu denken,
00:08:41: die da sind und das dann auch noch eben natürlich zweimal und was wäre, wenn und solche Fragen,
00:08:48: die brauchen ja ihren Raum. Total, wow, also ich merke richtig, wie ich körperlich mitfühle,
00:08:54: erstmal auch mein Beileid, dass ihr das durchstehen musstet und ich würde auch gerne,
00:08:59: bevor ich noch ein paar andere Fragen stelle, hören, was einem denn direkt geholfen hätte
00:09:06: oder was dir geholfen hat, du hast gesagt, die war ganz toll, ihre Sachlichkeit war gut in dem
00:09:10: Moment, aber wenn hier zum Beispiel uns Betroffene auch zuhören oder auch, ich finde es auch total
00:09:16: wichtig, Personen, die diese Erfahrung noch nicht machen mussten, da ist glaube ich noch so eine
00:09:20: Riesenlücke, dass man so steht und nicht weiß, wie soll man damit umgehen, also deswegen als
00:09:25: allererstes gerne mal die Frage, was hätte euch mehr geholfen oder was hat geholfen und was kann
00:09:30: auch das Umfeld tun, wie kann man reagieren auf so eine Nachricht? Also ich glaube,
00:09:36: das sind viele Faktoren, die hätte ich dir da so nicht nennen können, da komme ich jetzt dazu,
00:09:42: weil ich natürlich viel darüber nachdenke, damit arbeite, auch zu dem Thema viel recherchiere,
00:09:48: an sich eine Vorbereitung auf, so eine Prinataldiagnostik ist auf jeden Fall immer gut, also die müsste
00:09:54: aber eigentlich schon in der Frauenarztpraxis auch beginnen sozusagen diese Vorbereitung,
00:10:00: dass es halt quasi nicht nur diese Aussage ist, ja machen Sie das mal und da wird sich bestätigen,
00:10:05: dass alles gut ist, weil das ist natürlich schon ein hoches Kannt, weil ich meine, das Vertrauen
00:10:09: zu dieser Ärztin war dann auf jeden Fall gebrochen, weil da war nichts zu reparieren und
00:10:13: nichts war gut und sie hat wahrscheinlich einfach Sachen übersehen, also wie diesen Herzfehler oder
00:10:19: die Gehirnstruktur, aber grundsätzlich finde ich sollte die Aufklärung, was so eine Prinataldiagnostik
00:10:27: bedeuten kann und eigentlich ja auch jeder Ultraschall muss eigentlich davor stattfinden,
00:10:31: eigentlich. Sich die Gedanken darüber zu machen, was wäre wenn, das haben wir getan,
00:10:36: aber nicht in diesem Ausmaß, weil ich glaube, ich war da drin und ich habe mir die Gedanken
00:10:41: gemacht und ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich in dieser Situation stecke, dass ich
00:10:46: mir diese Fragen stellen muss, dass ich davor stehe, eine wirklich schwere Erkrankung, also gerade
00:10:52: am Anfang jetzt, ich sage nur nur in einem Fürstechen der Herzfehler, das war auch schon
00:10:56: krass genug diese Diagnose da vor uns zu haben. Ich finde es schwierig sich damit davor so ganz
00:11:04: hypothetisch theoretisch zu beschäftigen, weil es im praktischen Ausmaß einfach nicht fassbar ist.
00:11:09: Gleichzeitig ist dann extrem wichtig, wir haben es nicht so gemacht, aber im Nachhinein denke
00:11:15: ich, wir haben wie so Häufchen gebildet, also das eine ist sozusagen die pure Sachlichkeit, die
00:11:20: kriegst du vom Arzt, die kriegst du von dem Bild, wenn du Google befragst, dann weißt du sozusagen
00:11:26: grob worum es geht und dann ist aber da sind dann auch ganz ganz viele Haufen, was habe ich mir
00:11:31: dann eigentlich von meinem Leben vorgestellt, der nächste ist, kann ich das überhaupt,
00:11:35: schaffe ich das? Welche körperlichen Auswirkungen hat auch diese Schwangerschaft für mich? Also
00:11:39: waren so ganz viele Faktoren, die aber dann natürlich wie so ein Gewitter einfach auf dich
00:11:45: einprasseln, also die trennst du da nicht akribisch voneinander, sondern die sind einfach da und
00:11:51: dafür finde ich extrem wichtig, sich irgendwie eine Vogelperspektive zu erarbeiten, wenn möglich,
00:11:59: also ganz kurz mal nur für eine Sache, um die es gerade geht, bei neutral ist man da nicht,
00:12:06: man ist furchtbar, subjektiv, emotional, traurig, im tiefsten Loch, in dem man sich befinden kann
00:12:12: und gleichzeitig kann man aber nur entscheiden, wenn man irgendwie schafft alle Auswirkungen,
00:12:17: auch noch die in 30 Jahren zu berücksichtigen in einer solchen Situation und da hat es mir auf
00:12:23: jeden Fall geholfen mit meinem Mann einfach mich so entsprechend auszutauschen, weil wir da aber auch
00:12:28: uns der größte Halt und die größte Unterstützung waren und auch jederzeit der gleichen Meinung
00:12:35: waren, was wir sehr schätzen, was aber glaube ich auch nicht selbstverständlich ist in so einer
00:12:39: Situation. Wir beide wussten, wir können davon nicht wegrennen, wir müssen das irgendwie,
00:12:46: egal was wie es weiter geht, da müssen wir durch, es gibt keinen Ausweg sozusagen, der leichter ist,
00:12:52: sich dem irgendwie zu stellen und gleichzeitig so neutral wie möglich vielleicht von außen,
00:12:57: das irgendwie mal anzuschauen, also mit Freunden zu sprechen, was mir in dem Moment
00:13:02: wirklich extrem schwer fiel, weil jedes Mal wenn ich es ausgesprochen habe, kam diese Realität
00:13:06: einfach noch mal härter auf mich zurück sozusagen. Ja, holen uns doch gerne mal gerne zu in diese
00:13:13: Situation, weil ich muss sagen in meinem Freundeskreis oder auch Alina und ich haben
00:13:18: gemeinsam Freundeskreis, wir hatten auch schon öfter als uns lieb war diese Situation leider und
00:13:24: für uns war es auch schwer, zum Beispiel wir haben selbst noch keine Fehlgeburt erlebt, jetzt
00:13:29: persönlich als Frau, aber halt als Freundin und hol uns da gerne einmal richtig mit rein, wie hast
00:13:36: du das mitgeteilt, irgendwie denkt ja doch jeder, mir passiert so was nicht und ich finde, das ist
00:13:41: immer noch dieser kleine Schutzgedanke, den sich fast jeder so ein bisschen vielleicht um sich und
00:13:46: seine kleine Welt aufbaut und genau, wir standen halt schon öfter leider als Freundin daneben
00:13:52: und ich glaube wir haben uns da jetzt mittlerweile, würde ich sagen, ganz gut gefunden, aber auch
00:13:56: nur durch viele Gespräche und immer wieder nachfragen, was braucht die Frau an sich, die Betroffene.
00:14:01: Und auch viel trial and error sozusagen, weil das was ich bei dir auch raushöre ist, dass ihr eine
00:14:07: gewissen Grad an Offenheit und Akzeptanz von vornherein hattet und diese Akzeptanz ist ja auch
00:14:13: nicht selbstverständlich, dass die Grad, also da ist auf allen Ebenen, wie du geschrieben hast,
00:14:17: es gibt unterschiedliche Häufchen und das eine Häufchen ist anscheinend leichter oder kann
00:14:24: leichter akzeptierbar zu sein als andere und so aus meiner Erfahrung als Außenstehende ist
00:14:31: gerade dieses emotionale Thema das krasseste. Ja und das ist auch ganz schwer, da finde ich
00:14:37: Ratschläge in dem Sinne zu geben außer genau was du gerade sagtest Melanie zu hören, was brauchst
00:14:43: du gerade, weil es gab Freunde, die waren am Ende sogar sauer, dass ich sie nicht so in mein
00:14:49: Prozess mit reingenommen habe, weil ich es einfach wirklich nicht konnte. Also ich mein, das ist
00:14:56: einfach, es ist irgendwie unaussprechlich, es ist gleichzeitig so, du versuchst es ja selbst zu
00:15:02: verdrängen, du willst es ja eigentlich auch erstmal überhaupt nicht wahrhaben und mit jedem Wort,
00:15:06: was du aber darüber sprichst, ist es deine Realität. Also das war auch für mich ein gewisser Schutz am
00:15:10: Anfang und gleichzeitig habe ich also an diesem Wochenende nach der Diagnose mit dem Herzfehler
00:15:16: habe ich erstmal SMS oder WhatsApp Nachrichten geschrieben, weil ich erstmal das nicht aussprechen
00:15:22: konnte und aber auch nicht, ich wollte auch gar nichts zurückbekommen. Ich war so voll, ich war so
00:15:28: voll von mir, von meinen Emotionen von oh Gott, wie kriegen wir das hin und seinen Sohn irgendwie
00:15:33: da durchzukommen und dass der irgendwie denkt, was ist denn jetzt mit Mama und Papa los, ich meine,
00:15:38: der war zwei. Wenn ich reden wollte, dann wollte ich mit meinem Mann reden, weil wir die einzigen
00:15:43: waren die sozusagen auch in dieser Situation, was zu entscheiden hatten irgendwie und gleichzeitig
00:15:49: von außen signalisiert zu bekommen, du musst nicht reden, es ist alles gut, ich bin aber trotzdem da
00:15:55: und ich schick dir einfach nur einen Herz jeden Morgen oder ich frag dich, ob du noch genug Taschentücher
00:16:01: hast und ich bring dir welche vorbei, also da gibt es einen ganz, ganz, ganz große Spannbreite von
00:16:05: von Möglichkeiten und da ist, glaube ich, von außen immer wieder dieses sich einfach trauen und ich
00:16:10: glaube das war eher auch schon beschrieben, trial and error ist das einfach, weil auch nicht das,
00:16:15: was bei mir zum Beispiel in dieser Situation geholfen hat, war bei der darauf folgenden
00:16:19: Fehlgeburt vielleicht nicht das Richtige. Also das so unterschied kann auch in einem Menschen ja schon
00:16:25: sein und ich glaube als Außenstehender da einfach zu signalisieren, ich sehe dich und ich sehe auch
00:16:32: deinen Schmerz und will den gerade nicht wegmachen, weil ich es nicht kann, aber ich halte ihn irgendwie
00:16:35: mit dir aus und ich glaube das ist das größte Geschenk, was man dann in so einer Situation machen
00:16:41: kann. Ja, sehr schön und du hast kurz angeschnitten, was gar nicht geholfen hat, wann höre ich jetzt
00:16:48: heraus, Erwartungen, die ihr gar nicht erfüllen konntet, also euch mehr hören zu wollen, als ihr
00:16:56: irgendwie in der Lage wart, hattest du glaube ich gesagt, ne? Also ich wollte keine Meinung tatsächlich,
00:17:01: also gar nicht mal zu dem Thema Schwangerschaft abbrechen oder nicht, sondern als wir dann in
00:17:07: diese Planung gingen, das kommen dann ja auch Fragen, das ist eine normale Geburt, wie ist die
00:17:11: eigentlich, was wird da von mir als Frau gefordert sozusagen, aber auch was verlangt das ganze
00:17:18: System, wo du anfängst willst, du dass das Kind fotografiert wird, soll es beerdigt werden und
00:17:24: und und und, also da kommen ja Fragen auf dich, da wollte ich von niemandem was dazu hören. Nur ganz
00:17:29: viele haben halt ihr Mitgefühl ebenfalls in Verzweiflung, aber nicht um unsere Trauer ausgedrückt,
00:17:36: sondern eher um, ja das kann doch nicht sein, dass das in Deutschland so ist und da war ich
00:17:40: überhaupt nicht. Also ich war nicht in irgendeiner Prinzipien wut, sondern ich war halt so bei mir
00:17:44: und da wollte ich gesehen werden. Also das hat halt nicht geholfen, irgendwelche außenstehenden
00:17:50: Faktoren zu kritisieren, um nicht mich zu sehen und gleichzeitig eben zu erwarten, ich habe da
00:17:58: jetzt irgendwie eben irgendwas mitzuteilen, wie es mir jetzt gerade geht oder denjenigen irgendwie
00:18:02: auf meiner, ich sag mal, emotionalen Achterbahnfahrt irgendwie mitzunehmen und die Erwartung gab es
00:18:09: aber, aber das führte dann auch dazu, dass diese Freundschaft nicht mehr weiter geführt werden
00:18:14: konnte, sage ich jetzt mal. Und da war einfach, ich habe auch konnte nichts von mir erwarten,
00:18:21: wie kann das dann in der Außenwelt? Prinzipien wut, das heißt, da kamen durchaus auch Hinweise hin,
00:18:29: dass man sozusagen, wie kann das passieren, dass es nicht früher erkannt wird oder? Ja, alles so,
00:18:35: in einer Eimer das, also die Frage hatte ich in der vorher zum Beispiel einen Gluttest gemacht,
00:18:39: nein, haben wir nicht, aus gutem Grund. Ja, das hilft halt wirklich natürlich einfach so gar nicht
00:18:45: in dieser Situation. Die Frage stellt du dir selbst auch, aber du findest ja keine Antwort, außer
00:18:49: habe ich nicht gemacht. Also deswegen alle Fragen, die irgendwie mit "Warum" starteten, habe ich
00:18:55: einfach, konnte ich ganz schwer ertragen irgendwie. Natürlich dann die Frage, warum hat die Frauen
00:19:01: Erzenders nicht gesehen und hätte man nicht, könnte man nicht, es ist alles nicht zu ändern,
00:19:06: es ist das, was jetzt da ist und was, glaube ich, dann aber vor allem kam, als wir dann diese
00:19:14: Diagnose von eben der der Predataldiagnostikerin aus der Fruchtwasser-Punktion erhalten haben,
00:19:19: dass es eine Trisomy 13 ist und das eben in Kombination mit dem, was sich auf dem Ultraschallbild
00:19:24: gezeigt hat, haben wir natürlich für uns dann einfach angefangen, eben einen Abbruch auch in
00:19:29: Erwägung zu ziehen, weil es für mich auch körperlich die Schwangerschaft weiter auszutragen,
00:19:35: bedeutet ich hätte den Kaiserschnitt haben müssen, weil ich einfach ab einer gewissen Größe des
00:19:40: Kindes nicht normal oder natürlich gebieren kann. Ja, natürlich kommen dann so Sachen wie,
00:19:47: aber dass man das von dir verlangt oder so, aber darum ging es ja auch nicht. Also ja,
00:19:51: natürlich ist es eine natürliche Geburt, nur es ist eine, die ich bestimme in Anführungsstrecke,
00:19:58: um ja ein gewisses Maß an Selbstwichtsamkeit über mein Leid in dem Sinne zu haben, das ist ja
00:20:05: ein ganz ganz ganz kleines Fünkchen Hoffnung in so einer, schuldigung, beschissenden Situation,
00:20:11: was dann aber vor allem kam und das hat uns auch persönlich auch sehr aus der Trauer in so eine Art
00:20:18: Verhaltung gebracht, dass es halt im Raum stand, wenn wir noch ein paar Tage warten würden mit der
00:20:23: Geburt, dass es dann eine Ethikkommission über uns entscheiden müsste, ob wir diesen Abbruch
00:20:28: durchführen dürfen. Und weiß ich jetzt aus Recherchen eben auch zu meinem Buch, das gibt es,
00:20:36: das gibt es sogar zuhauf, das ist von, es ist eine eine Pfahlberatung und im wohlwollenden Sinne
00:20:43: der Schwangeren bis hin zu, es fühlt sich an wie ein Tribunal, das gefühlt alles dabei. Und ich hatte
00:20:48: aber nur dieses letztere Bild, also ich hatte nur das Bild, da entscheidet jemand über uns und sagt,
00:20:52: wie wir das jetzt machen haben, wo ich ja schon gar nicht weiß, was ich machen soll. Also wie soll
00:20:57: das irgendwer tun? Und das war für mich so ein Bild oder für uns beide, das konnten wir uns überhaupt
00:21:04: nicht vorstellen. Also das ist halt für uns feststand, wenn wir die Schwangerschaft abbrechen und
00:21:10: ich sage bewusst in Anführungsstrichen wollen, dann würden wir es selbst entscheiden und dann
00:21:15: wollen wir nicht irgendwem noch irgendwas irgendwie erklären. Um uns kurz abzuholen,
00:21:20: da das wegen der Schwangerschaftswoche, in der ihr euch befunden habt, das die Ethikkommission
00:21:24: getruntert hat. Ja, das war wegen der Schwangerschaftswoche und tatsächlich auch eben durch die
00:21:29: die Recherchen jetzt, finde ich immer mehr heraus, da gibt es halt einfach keine einträgliche
00:21:33: Regelung zu. Also jedes Krankenhaus, jede Klinik, die die Abbrüche durchführt, wo es ja auch schon
00:21:38: schwierig ist, jemanden zu finden, entscheiden das quasi selbst. Die legen ihre Prozesse und ihre
00:21:43: Regulaten infest. Und es ist von außen total undurchsichtig. Wir wussten es jetzt, weil eben uns die
00:21:50: Prenataldiagnostikerin durch ihr gutes Netzwerk, was sie hat, direkt sozusagen an eine ihr bekannte
00:21:56: Klinik überweisen konnte, wo wir sowohl noch von ihr als auch von der nächsten Ärztin durchgehend
00:22:02: betreut wurden und da einfach wussten, was wartet auf uns. Aber das wissen leider nicht alle in
00:22:06: diesem Prozess. Ja, sehr schön. Das ist wirklich das A und O, da an Leute zu geraten, die das irgendwie
00:22:13: mit Empathie angehen und wissen, hey, da braucht es jetzt Struktur und bekannte Leute, die das gut
00:22:20: machen. Ja, sehr gut. Und kannst du noch mal darauf angehen? Bedeutet also, weil gerade so auf
00:22:27: den ersten Blick Themen, die nicht alltäglich passieren, aber ja durchaus oft einfach eintreten,
00:22:34: dann jemanden zu kommen wie dich, die darüber so offen spricht, da sieht man ja erst mal, was für
00:22:41: Lücken im System, in der Beratung vorherrschen. Und das eine ist natürlich das, was im privaten
00:22:48: Umfeld vorherrschen, wie du eben sagst, diese überhaupt diese Intelligenz oder das Wissen zu
00:22:52: haben, wie man mit solchen Personen umgeht. Aber vor allen Dingen dann auch, dass ist also diese
00:22:59: ganzen Fragen, wie du beschrieben hast, die hochkommen, die rein funktional sind, die rein
00:23:02: jetzt erstmal prozessbegleitend sind, dort richtig, also da ist man ja auch schon wieder in soem
00:23:08: Machtbefälle, du fühlst dich schon überrumpelt von "why is, also warum, warum kommt das, was
00:23:14: hätte ich tun können bis komplett machtlos?" Und dann bist du ja nochmal abhängig davon,
00:23:20: an Informationen zu geraten und eine Beratung zu erhalten, die wirklich einen guten Überblick
00:23:26: bekommt. Da kommt es ja auch wieder so in so ein Machtbefälle rein. Was sind da so Punkte, wo du
00:23:31: sagst oder wo du durch die Erfahrungen, die du machen musstest, siehst, dass wir die mehr brauchen?
00:23:37: Ui, da gibt es viele Punkte. Also bei dem Thema gibt es wirklich richtig viele. Ohne den Rahmen
00:23:43: sprengen zu wollen, also auf jeden Fall gibt es ja auch solche und solche Ärztinnen,
00:23:49: Prinataldiagnostiker. Ich kann jetzt nur über die Urteile sozusagen, die ich hatte und die war
00:23:55: wahnsinnig toll und wir wissen uns so glücklich zu schätzen in einer solchen Unglückssituation,
00:23:59: dass wir sie hatten. Und gleichzeitig hängt an dieser Person glaube ich wahnsinnig viel, wie viel
00:24:04: Raum gibt sie dem nichtmedizinischen, sprich Sorgung in dem Moment, genau was du vorhin auch
00:24:11: sagst, dass Alina, wie viel Raum hat das, was da gerade an Lebensvorstellungen und in Würfen
00:24:17: zusammenbericht und nicht nur in Anführungsstrichen die klinische Diagnose, die da auf schwarz-weiß im
00:24:22: Ultraschallbild zu sehen ist. Also wie viel Raum und Zeit gibt es da im Gesundheitssystem? Das stelle
00:24:28: ich leider zunehmend in Frage durch Erfahrungsberichte, die ich höre und lese, weil da sehr schnell,
00:24:35: sehr klar ist, in welche Richtung eine Schwangere zu gehen hätte, so zu sagen. Und auf der anderen
00:24:40: Seite gleichzeitig gibt es in den Spetenschwangerschaftsabbrüchen halt keine Pflicht zu einer Beratung
00:24:45: zu gehen, wie das anders in den ersten zwölf Wochen ja der Fall ist. Ich habe es trotzdem getan
00:24:51: und war da auch sehr zufrieden mit und gleichzeitig höre ich da aber auch, dass es sehr viel Lenkung
00:24:58: gibt in die Richtung, ja aber können sie sich nicht vorstellen das. Also es ist immer eine ganz
00:25:02: große individuelle Frage, wo lande ich jetzt gerade und das ist schade eigentlich, dass man da Glück
00:25:08: braucht in einer solchen Situation. Das kann eigentlich nicht sein. Es muss feste Kriterien,
00:25:14: Leitlinien, Vorgaben geben, die so etwas unterbinden oder regeln. Das geht dann weiter eben genau.
00:25:20: Ich würde gerne ganz kurz einhaken, weil meistens wären ja diese Gespräche von ProFamilie etc. diesen
00:25:26: Organisationen durchgeführt und natürlich steht und fällt es an wen man da gerät, aber es ist
00:25:32: ganz klar festgehalten in diesen Paragrafen, dass man ProFamilie argumentieren muss. Also man soll
00:25:40: für die Schwangerschaft argumentieren, egal wer davor dir sitzt, ob es jetzt dir Vergewaltigung
00:25:45: ist, ob es das Kind wie bei euch mit schweren Herzfehler etc. ist. Es ist festgehalten, dass es
00:25:52: in diese Richtung gehen soll und das finde ich, das ist da, platzt mir fast der Kopf. Also das kann
00:25:58: nicht sein, oder? Genau, das kann man sich genau mit diesem Gefühl, als ich da drin war und ich
00:26:03: meine, du versuchst, Gesetzestexte zu lesen. Also erst mal bist du ja quasi, du gehst da in Straftat,
00:26:07: das ist schon mal das Erste. Das ist das, was du tust. Du kannst dich mit allem, was die Ärzte
00:26:11: dann mit dir machen, in eine Straffreiheit bewegen. Das finde ich erstmal schon mal in so einer
00:26:15: Situation, weil das für mich eine unfassbare Last, das zu wissen. Das heißt, da beginnt die Struktur
00:26:21: noch vorher falsch zu sein sozusagen. Das ist jetzt die Frage, wie groß wir jetzt hier werden. Aber da
00:26:26: platzt mir auch auf jeden Fall die alles. Und so bin ich auch wirklich. Und es war relativ bald nach
00:26:33: der Geburt, dass ich gesagt habe, das darf so nicht sein. Also ich weiß, ich bin an sich jetzt,
00:26:37: ja schon ein Mensch, der sich auch an so Prinzipien Sachen echt gut aufhängt kann und Sachen nicht
00:26:42: akzeptiert und auch sagt, dass das muss einer ändern und jetzt keiner tut, da muss ich es halt machen.
00:26:46: Nur die Kette ist ewig lang. Also die Beginn bei der Gesetzgebung, dann da, wo du gerade angesetzt
00:26:51: hast bei dem, wie soll denn so eine Beratung aussehen. Es gibt keine Leitlinie zu Schwangerschaftsabbrüchen
00:26:57: in der Zeit nach der 12. Woche. Es gibt erst seit letzten Jahr eine überhaupt für die davor.
00:27:02: Das ist unfassbar. Und bedeutet aber auch da wieder Glück, Unglück weiß ich nicht ganz viel
00:27:11: Zufall, dem du dich hingeben musst. Und genau was du auch findest, Alina, diese Ohrenmacht,
00:27:16: die ist einfach unfassbar. Ich meine, die schlimmste Ohrenmacht entsteht durch diese Diagnose und
00:27:21: durch das, dass du nichts daran ändern kannst, dass dein Kind krank ist. Aber dann schlitterst du
00:27:26: halt immer tiefer rein. Und also, da wird die jegliche Selbstbestimmung irgendwie sowieso per
00:27:34: See schon genommen und vielleicht hat es mich auch mehr getroffen. Also ich bin sowieso ein Mensch,
00:27:38: ich hab sehr gern die Kontrolle. Also gebe ich auch gerne zu. Das musste ich da ganz schmerzhaft lernen.
00:27:42: Und gleichzeitig, denke ich manchmal, erlange ich sie so ein bisschen dadurch wieder zurück, dass
00:27:47: ich es halt anspreche, dass ich darüber rede, dass ich es für andere Menschen irgendwie vielleicht
00:27:52: besser machen kann, das zu wissen. Weil wie gesagt, wir wussten dann, okay, es gibt diese Ethik-Kommission,
00:27:57: aber es gibt genauso Menschen und das sind wirklich nicht wenige, es sind bis zu 1000 Frauen pro
00:28:03: Jahr, die sogar ins Ausland gehen und in den Niederlanden ihr Kind noch, also die Schwangerschaft
00:28:08: abbrechen lassen, weil sie in Deutschland entweder nicht diese Strukturen vorfinden oder die zeitlichen
00:28:13: Begebenheiten nicht mehr erfüllen, die eine Klinik und ich sag's jetzt ganz extra willkürlich für
00:28:18: sich sozusagen festlegt, weil es eben keine Leitlinie gibt. Und das ist halt schon nicht nur eine
00:28:24: Belastung, sondern es ist auch einfach eine Unsinnigkeit in diesem System, weil wir so viel
00:28:29: andere Sachen regeln und auch dieses Gesetz so klar ist eigentlich. Es ist eine Straftat, aber es
00:28:34: ist straffrei wenn, dass wir hinten oben so viel offen lassen und dann, Entschuldigung, letzter Satz,
00:28:39: noch die Betreuung danach bleibt ja auch völlig offen. Also es gibt keine Rückbildung, es gibt
00:28:44: keine psychologische Beratung außer du suchst dir das halt alles selbst. Absurd. Also ich hab
00:28:51: dieses Gesetz nie gelesen, deswegen frage ich jetzt so, steht da, es handelt sich sozusagen um einen
00:28:57: Strafbestand? Ja, folgt direkt in den Paragraphen, wo auch Mord und Totschlag steht und da steht dann,
00:29:02: dass ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich eine Strafe nach sich zieht. Außer in bestimmten
00:29:10: Fällen kann sie straffrei sein und das ist jetzt zum Beispiel in der Woche nach der Zwölftenwoche
00:29:14: bis zu dem Einsetzen der Wien rein theoretisch möglich eine Schwangerschaft abzubrechen, wenn
00:29:21: eine medizinische Indikation belegt, dass die Frau sozusagen die Schwangerschaft nicht schafft. Also
00:29:27: das ist jetzt sehr verkürzt gesagt. Und dann musst du dafür gewisse Zeiten einhalten, die Diagnose,
00:29:33: Stellung und so weiter, verschiedene Ärzte müssen mit dabei sein und das ist da so definiert.
00:29:38: Wie war das für dich das zu lesen? Furchtbar. Also es ist auch das erste, was du lest, weil auch das
00:29:43: ist etwas, was ich sehr bemängelt, also die Art und Weise, wie wir darüber informieren, ist so
00:29:49: hinterweltrisch. Also du landest gefühlt beim zweiten Klick in irgendwelchen Foren, wo andere
00:29:53: Menschen, andere als Mörderinnen oder sonst was bezeichnen. Aber wir lassen diesen Raum sozusagen
00:29:58: auch frei, weil einzig und allein gibt es eine Seite jetzt von der Bundeszentrale für gesundheitliche
00:30:04: Aufklärung zum Beispiel. Da wird darüber informiert, dass ist das alles so wie, das ist auch so
00:30:11: unfassbar kompliziert geschrieben, angenommen du bist in einer solchen Situation. Also jetzt verstehe
00:30:17: ich die Texte natürlich ganz anders und klarer, aber als ich weiß, ich habe genau diese Seite
00:30:22: gelesen und ich habe es nicht verstanden und ich fühle mich verurteilt für etwas und das meine
00:30:27: ich ernst, wofür ich nichts konnte. Ich habe mir die Krankheit meines Kindes nicht ausgesucht und ich
00:30:32: konnte mich auch durch nichts daraus holen und das Gesetz gibt mir das Recht diese Entscheidung
00:30:37: zu treffen, aber ich unter Strafe weiß ich nicht. Es ist zwar ganz, ganz schlimm irgendwie vom
00:30:42: Gefühl, aber auch da gibt es wahnsinnig viele Lücken, die jetzt auch in diesem viel diskutierten
00:30:48: Bericht dieser Kommission zur produktiven Selbstbestimmung auch diskutiert wird, geht das
00:30:53: Thema geht ein bisschen unter im Moment, aber es wird da auch behandelt, wollte auch ganz klar
00:30:57: gesagt wird, es braucht eine eindeutige Regelung für so viele Dinge in einem Spätabbruch, wie es
00:31:05: dann heißt. Ja, klingt so ein bisschen als wäre es jetzt auf Bewährung. Ja, wirklich. Und jetzt,
00:31:11: also jetzt ist es Wut und damals war es einfach pure Verzweiflung. Komplett. Das heißt, wenn wir
00:31:17: chronologisch ein bisschen weitermachen würden, ihr habt euch dann schnellstmöglich, um dieser
00:31:22: Ethikommission zu entgehen, für einen natürlichen Abbruch entschieden, also Medikamenten induziert
00:31:30: würde ich mal vermuten. Würdest du uns da auch noch ein bisschen mit reinholen oder? Ich würde gerne.
00:31:35: Es ist einfach eine ganz natürliche Geburt mit Einleitung, wie es ja auch zu anderen Zeitpunkten
00:31:42: stattfinden kann. Auch da waren wir wirklich gut betreut. Also ich habe danach gesagt, es war
00:31:51: schön und das habe ich nie im Leben für möglich gehabt. Ich hatte so eine große Angst. Ich hätte mir
00:31:55: gewünscht, man macht einen Kaiserschnitt, aber das hätte bedeutet, ich kann auch noch
00:31:59: weiteres Jahr jegliche Schwangerschaft vergessen und bringen auch meine Gesundheit natürlich irgendwie
00:32:03: in eine weitere Gefahr. Aber das war in dem Setting dann weg, sag ich mal dieser Wunsch, weil eben
00:32:11: die Ärztinnen das so gut begleitet haben, wir hatten eine Hebamme die ganze Zeit durchgehend an
00:32:19: unserer Seite, die das auch, ich weiß und wie man es auch gespürt hat, nicht zum ersten Mal macht,
00:32:25: definitiv nicht, die uns da wahnsinnig gut durchgeführt hat, die mich einfach machen lassen.
00:32:31: Also ich meine mein Körper wusste noch nicht wie eine natürliche Geburt geht, hat es trotzdem
00:32:34: geschafft sozusagen. Das war ein emotional unfassbar krasser Moment sowieso an sich geburt, also ich
00:32:41: meine das bist ihr beiden. Aber dann kommt halt eben das Kind tot aus. Also das kann man nicht,
00:32:48: es fällt mir auch bis heute schwer das in Worte zu fassen, was da passiert. Also ich war völlig weg
00:32:53: aus mir, also ich war wirklich wie weggebiemt und schwebte irgendwo an der Decke dieses Kreisseils
00:32:57: und musste erstmal alles wieder einsammeln. Also der Körper war irgendwie nicht mehr so, es war
00:33:05: alles irgendwie auseinander gesprengt, sage ich jetzt mal und das Problem war auch, ich hatte
00:33:09: auch wirklich nur bis zu diesem Moment geplant. Danach war mir nichts mehr klar, ich wusste nicht,
00:33:13: wollen wir Fotos, wollen wir ihn halten, wollen wir dies, wollen wir ihn, weil das war alles zu viel,
00:33:17: das vorher zu besprechen, mir war es zu viel und das hat aber die Hebamme dann auch wahnsinnig schön
00:33:22: begleitet, mein Mann hat ihn sofort auf den Arm genommen, während ich noch erst mit mir
00:33:27: körperlich beschäftigt war, sage ich mal und dann haben wir einfach Zeit gehabt. Dann durften wir
00:33:32: einfach mit ihm da sein und solange wie wir das auch wollten, haben ihn einfach angeschaut,
00:33:40: wie schön er aussieht, aber natürlich hat man trotzdem gesehen, dass er eine Krankheit hat
00:33:44: und gleichzeitig irgendwie schaust du dir den an und denkst auch, sieht er aus wie
00:33:49: das ein großer Bruder und das ist total verrückt eigentlich. Das war gut, das war wirklich gut,
00:33:56: dass sie uns diese Möglichkeit auch gegeben haben, auch wenn ich mit dem zu dieser Sekunde
00:34:00: nicht vorstellen konnte, wie es ist. Und dann der Moment, wo sie ihn dann mitgenommen haben,
00:34:09: ab da bin ich dann komplett zusammen gebrochen, also da war nichts mehr, da erinnere ich mich auch
00:34:14: ehrlich gesagt an wenig, die Stimme wäre auch wenn ich drüber spreche, für die, das machen
00:34:18: ich an dieser Stelle brüchig, weil es einfach, da ist mein Herz wirklich zerrissen. Also ich meine
00:34:23: auch vorher schon, aber da habe ich mich so viel durch diese, hier ist nur noch ein Gespräch,
00:34:28: da musst du unterschreiben. Also es war alles so funktional, was ihr auch vorhin schon sagtet
00:34:33: und dann kommt dieser Moment und ja, es hat alles angesehen. Mir laufen Tränen über das Gesicht,
00:34:40: war ich wirklich als Mama, dass so nachempfinden kann, wie schwer das für dich gewesen sei,
00:34:46: dass du in dem Moment dein Kind gehen musst, in dem Moment dein Kind gehen zu lassen.
00:34:48: Das war wirklich, ich wollte ja nicht, ich wollte ja nicht. Also ich fühle da total mit dir und
00:34:57: findest so gemein, dass wie gesagt, gerade wie du sagst, die Nachbereitungen, du hast,
00:35:02: du hast schon alles gut bis dahin geschafft, irgendwie bewältigt und dann hörst du mit
00:35:09: diesem Prozess, der ja noch so, also kann man sagen, welcher Prozess am letzten Endes
00:35:15: am krassesten war, der die Vorbereitung bis zu Geburt und das Verarbeiten der Tatsache oder
00:35:20: der Prozess danach damit umgehen zu können, dass dir ein Teil von dir genommen wurde.
00:35:25: Ja, ist auch wirklich so. Aber ich sag mal, das haben uns da schon alle gesagt, sie sind so stark,
00:35:32: also irgendeine Fähigkeit haben wir mitgebracht, das zu schaffen, ich weiß es nicht. Also die
00:35:36: haben uns das schon die ganze Zeit gesagt und wir haben immer gesagt, die Soße gestärkt,
00:35:39: wir können doch nichts anderes tun. Also ich meine, es bleibt in der Garnicht übrig,
00:35:42: als da jetzt mitzugehen, weil auch das andere Ergebnis gefällt uns nicht. Also es ist alles,
00:35:48: das einzige was uns gefallen hätte wäre, das hätte nie stattgefunden, unser Kind ist gesohnen
00:35:52: und wäre hier. Also das konnte niemand mehr machen. Also und da haben sie dann auch schon
00:35:57: da immer gesagt, sie sind so stark und sie als Paar und das hat uns ja schon wahnsinnig geholfen.
00:36:02: Also nicht, dass das jemand sagt, sondern einfach, dass wir das wirklich so fühlen und das uns auch
00:36:06: zu gingen und dass wir, ich weiß nicht, da hätte uns jetzt in dem Moment auch keiner noch irgendwie
00:36:13: einen Seelsorger oder Psychologen an die Seite gestellt. Wir haben aber gefragt, also ob noch mal
00:36:18: jemand kommen kann. Ihr habt gefragt, das wurde euch nicht angeboten? Ja, okay. Das meine ich auch
00:36:24: mit diesen Prozessen. Also das ist, ja, das ist dann das Medizinische. Und die Hebammen haben das
00:36:30: wirklich super gemacht, weil sie es wissen. Aber auch da, ich würde unglaublich gerne die Hebammen
00:36:35: noch mal treffen und fragen, wie sie da eigentlich sich vorbereiten, woher sie dieses Wissen hat oder
00:36:41: ob sie einfach als Person so ist. Weil dann sage ich noch mal, ich hatte Glück, aber was haben
00:36:45: dann die anderen Frauen vielleicht, von denen ich lese und von denen ich höre? Und ja, ich hatte
00:36:53: schon dann psychologische Hilfe auch schon vorher wegen einer chronischen Krankheit, die ich schon
00:36:58: ja lange habe und dann irgendwie auf der Ebene mal angehen wollte. Und es war ein Segen, weil ich
00:37:04: weiß auch gar nicht, ob ich geschafft hätte, mir in der Zeit mich da bei allen in der Warteliste
00:37:08: eintragen zu lassen und zu hoffen und zu anzurufen. Ich hätte es glaube ich nicht gemacht. Also das
00:37:14: heißt auch da hatte ich auch wieder Glück. Und gleichzeitig kann es nicht sein, dass es davon
00:37:21: abhängig ist. Weil diese Nachsorge sage ich jetzt mal, meine Hebammen hat sich nie wieder gemeldet,
00:37:26: die ist einfach vom Erdboden verschluckt worden. Das heißt, da konnte ich mich auch nicht sozusagen
00:37:33: körperlich irgendwie oder auch seelisch von ihr beraten lassen. Zu meiner Frau in Erzien konnte
00:37:38: ich nicht mehr. Das war einfach, das Vertrauen war ja komplett weg. Das heißt auch da war eigentlich
00:37:43: dann die Prenataldiagnostikerin noch, meine Ansprechpartnerin. Und da hat sich irgendwie auch
00:37:50: eine Verbindung irgendwie dadurch entwickelt, die auch bis heute hält. Also die wird auch definitiv
00:37:56: für mein Buch und auch für die Recherchen dazu noch eine größere Rolle spielen, weil sie einfach
00:38:01: so wichtig war für uns irgendwie. Und gleichzeitig war ich bei einem Hausarzt, der sagt ja dann
00:38:08: nehmen sie doch halt jetzt Psychopharmaka, dann wird ihre ganze Trauer so ein bisschen gedämpft.
00:38:12: Also wenn ich dem gehört hätte, darauf gehört, dann würde ich hier so heute nicht sitzen. Das weiß
00:38:16: ich zu 100 Prozent und das wäre fatal. Vor allen Dingen das stößt ja noch, alter, werd ich will,
00:38:22: weil das stütten, das zieht ja einen Rattenschwanz mit sich. Das ist dann wieder so ein okay, nur
00:38:28: Symptome einmal bekämpfen und bloß keine Mühe machen, die Dinge irgendwie nachhaltig mal aufzuarbeiten,
00:38:34: weil dafür hat man ja keine Zeit. Also schön ruhig stellen. Ja und ich war einfach traurig. Ich war
00:38:39: einfach traurig. Wie kann man da nicht traurig sein? Entschuldigung. Also da hätte mir wahrscheinlich
00:38:44: kein Medikament dieser Welt geholfen, weil ich meine, das ist was, das kannst du nicht betäugen,
00:38:49: glaube ich. Also das ist so tief und ich wollte ja auch gar nicht. Aber anstatt sich Zeit zu nehmen
00:38:54: in dem System ist halt das leider und das war euch auch oft die erste Empfehlung und es machen
00:39:00: halt auch viele und das respektiere ich auch, wenn es jemand für sich aber bewusst entscheidet,
00:39:04: sozusagen. Und ich weiß nicht, da war ich glaube ich auch noch nicht zu bewussten Entscheidungen
00:39:08: für mich, muss ich sagen. Also es hat lange gedauert, für mich da auch wieder auf so einen Level
00:39:13: zu kommen, wirklich für mich auch einzutreten. Also ich meine, ich war da ein rohes Ei. Ja total,
00:39:18: und das darfst du auch sein. Also generell nach einer Geburt ist man ein rohes Ei. Also auch bei
00:39:25: einem lebenden Kind, was daraus kommt, bist du erstmal ein rohes Ei und dann wird ja auch noch
00:39:31: dein Kind, was du ja schon gespürt hast. Also das war ja, das ist ja noch ein sehr richtig da gewesen.
00:39:38: Du kanntest es ja so gesehen schon und da darfst du Schutz bekommen und Raum.
00:39:44: Das sehe ich auch so mehr. Aber ist halt alles mit, du musst das dir selbst beschaffen verbunden.
00:39:51: Ich kann ja mal kurz von der anderen Seite den Einblick geben, weil ich ja Assistenzärztin
00:39:58: bin für Gynn- und Geburtshilfe und auch schon auf der anderen Seite stand mehrmals und wir
00:40:04: werden dort nicht geschult. Wir haben in dem Studium keinerlei Fortbildungen, Vorlesungen etc.,
00:40:11: weil man ja auch nie weiß, ist ja ein allgemeines Studium, in welche Richtung man sich entwickelt.
00:40:14: Und dann, wenn man auch in diesen Beruf einsteigt, auch wenn ich habe im Kreisarjahr gearbeitet,
00:40:20: es gibt nichts in der Richtung. Ich habe mich jetzt selbst ein bisschen eingelesen. Es gibt
00:40:24: tolle Ärztinnen und Hierb- auf Instagram, die solche Fortbildungen anbieten, die dann sogar
00:40:29: mit Fortbildungspunkten mittlerweile zertifiziert sind. Man muss das aber selbst bezahlen,
00:40:33: man muss sich selbst dafür einsetzen. Deswegen hattest du leider wieder Glück im Unglück,
00:40:38: dass du an diese tolle Hebamme geraten bist. Und ich weiß aber, dass es an jedem Krankenhaus
00:40:43: Seesorgerinnen und Therapeut*innen gibt und das dann aber wiederum davon abhängt,
00:40:49: werde ich betreut, ob jemand dann auch diese Person dazu zieht. Also das ist wieder dieses
00:40:54: "Es steht und fällt" mit dem individuellen Krankenhaus und den Menschen, die dich halt betreuen.
00:40:59: Und das ist total schade. Und ich würde auch letzten Endes, wenn man jetzt mal die Vogelperspektive
00:41:06: einnehmen, wie du es gerade ansprichst, aus dem Impuls heraus auch wissen oder Psychologiestudien
00:41:13: haben, das kann nicht eine Ärztin oder ein Arzt auch noch ableisten. Das ist so ein krass großes
00:41:18: Thema. Also ihr habt da schon genug auf der Platte sozusagen. Aber genau da dann eben diese
00:41:25: Übergänge zu schaffen, ist ja so wichtig. Und das ist letzten Endes ein Teil davon,
00:41:30: den du meinst mit Leitlinien, wie man sowas betreut. Ja, also ich mein, dafür bin ich jetzt nicht
00:41:37: Ärztin genug sozusagen. Also ich meine, ich lehste dem Thema seitdem eigentlich viel und gerade
00:41:42: jetzt im Moment halt für die Recherchen, wo mir einfach immer wieder auffällt, wenn wir das dem,
00:41:48: sozusagen, also einerseits liegt es alles unter diesem krassen Deckel Tabu. Wir reden nicht drüber.
00:41:54: Na, weil es meint, es wäre jetzt ja auch die Frage Melanie, zum Beispiel, wenn du sagst,
00:41:59: das ist bei euch in der Klinik möglich. Das steht ja nirgends. Das weiß ja keiner. Also
00:42:03: irgendwer muss ja auch das wieder wissen, um dich in diese Klinik zu schicken. Was dann in der Klinik
00:42:09: passiert ist auch wieder unter einem Deckmantel, weil keiner das so offen aussprechen will, weil
00:42:14: entweder der Träger das nicht richtig findet, der Arzt die Belegschaft. Da gibt es so viele Gründe
00:42:20: und gleichzeitig, das kann ich alles verstehen, aber wir tragen das ja trotzdem alles auf dem Rücken
00:42:25: von den schrangeren Frauen aus, die nun mal in so einer Situation sind. Und ja, die Versorgungslage,
00:42:31: wenn wir davon heute anfangen, dann reden wir, glaube ich, noch vier Stunden, weil das das einfach
00:42:35: ganz dramatisch ist, was ja auch die psychosozialen Beratungsstellen auch beklagen, dass sie gar nicht,
00:42:41: vor allem in diesem Bereich der der Schwangerschaftswochen gar nicht genau wissen, wo können
00:42:45: sie eigentlich jemanden hinschicken und versuchen da immer wieder mehr Transparenz reinzubringen.
00:42:51: Aber über die Anonyme, ja, wir haben sowas, aber wir wollen nicht genannt werden, geht selten
00:42:57: hinaus. Also gibt es ein paar, ich sag mal, Leuchttürme in Deutschland und die sind auch in den Medien
00:43:02: relativ gut vertreten und die Ärzte und Ärztinnen sprechen dann da auch drüber und verteidigen
00:43:07: auch sozusagen ihre Sicht auf die Notwendigkeit auch, aber es sind halt wenige, sehr wenige.
00:43:14: Und mir ist auch schon eingefallen, als du meintest, du lagst dann da im Kreisseil, lagst du wirklich
00:43:19: im Kreisseil? Weil das ist auch schon einer der Punkte. Dafür ist noch nicht meine Struktur in der
00:43:23: Klinik selbst geschaffen, dass man dann als Frau mit einem Späta-Bord dort das Kind zur Welt bringen muss,
00:43:31: so bestenfalls nebenan die Geräusche durchdrehen von einer anderen Geburt und dann landet man am
00:43:36: Ende noch auf der Wöchnerin-Station vielleicht sogar zusammen im Vierbett-Zimmer mit drei Mamas,
00:43:41: die ein Baby im Arm halten. Also diese Situation gibt es auch und das geht nicht. Genau. Also bis
00:43:47: zu dem Zimmer ist es auch genau das, was du beschrieben hast. Das kann ich tatsächlich, also für mich
00:43:51: persönlich auch genauso bestätigen, weil aber diese Klinik glaube ich und das eben durch diese
00:43:57: Kooperation zwischen Krankenhaus und Prenataldiagnostikzentrum so etabliert, es ist gar ein Zimmer am
00:44:04: Ende des Flurs, aber ich meine, du bist trotzdem auf dem Zimmer, auf dem Flur mit anderen Frauen.
00:44:09: Ja. Und trotz Corona, aber mit negativen Tests durfte mein Mann halt auch natürlich
00:44:17: Gott sei Dank mit, weil ich glaube, sonst hätte ich mir einen Kopfschuss gegeben, ehrlich gesagt.
00:44:20: Also ich meine, dass das wäre, das, damit würde ich ja gar nicht mehr drüber nachdenken. Genau. Aber
00:44:26: ja, es ist, also und wurde auch gesagt, manche Frauen gehen sofort quasi nach dieser Geburt
00:44:31: nach Hause und also ich meine, da wäre ich körperlich überhaupt nicht in der Lage gewesen und
00:44:37: hätte ich, das wollte ich ja auch nicht. Ich wollte ja nicht zurück in meine Realität. Ich
00:44:40: wollte da eigentlich noch liegen und traurig sein und irgendwie beginnen zu realisieren, was jetzt
00:44:47: wirklich passiert ist und nicht nur, was die Vorstellung war der letzten Wochen sozusagen. Ja.
00:44:51: Und um nochmal zu dem Moment zurückzugehen, habt ihr euch letztendlich dafür entschieden,
00:44:58: Fotos machen zu lassen? Gab es die Möglichkeit überhaupt in der Klinik oder? Also wir haben
00:45:02: selbst für uns Fotos gemacht. Auf dem Arm, bei uns. Okay, einfach selbst. Weil als dann die,
00:45:08: dann wollte die Hebamme das machen, an dieser Momente, da muss ich auch gleich wieder rein,
00:45:13: sie machte dann die Wärmelampe an und machte sie sofort wieder aus. So haben sie nur von
00:45:18: bis ja tolle, braucht ja keine Wärme. Und in dem Moment habe ich gesagt, ich möchte keinen Fotos.
00:45:23: Es hat mich so getroffen. Also das war so eine mini kleine Unsensibel oder einfach
00:45:28: wahrscheinlich automatische Reaktion, die überhaupt nicht böse gemeint war, aber da war
00:45:30: alles vorbei und dann holte sie da irgendwas raus und ich habe gesagt, ich möchte ihn nicht
00:45:34: verkleiden, mir reicht es, ist gut. Also es war dann aber auch Schutz, glaube ich. Ich wollte
00:45:39: es dann auch nicht mehr. Uns reichen diese Fotos für uns, sind die schön, weil wir so auch welche
00:45:45: gemacht hätten, wenn es unser Leben das geliebt wäre. Also so, das sind einfach diese, die du
00:45:49: ganz am Anfang machst, die du da völlig zerknaut, steiner Familie schickst. Das war dann normal
00:45:56: irgendwie. Also war auch wirklich so ein Gefühl, ich wollte ihn dann auch nicht nochmal irgendwie
00:46:01: hergeben sozusagen oder irgendwie. Also es gab jetzt auch keinen Sternenkinderfotograf oder so,
00:46:06: was der uns da irgendwie vorgeschlagen wurde. Also das kam in dem Prozess nicht vor. Für uns,
00:46:12: nicht schlimm, für andere aber sicherlich eine ganz, ganz tolle Art, sich zu erinnern, aber auch
00:46:19: wieder selbst organisiert sozusagen. Ja, überhaupt auf die Möglichkeit zu kommen. Ich kann mir
00:46:23: vorstellen, wie du das geschildert hast. Ab dem Zeitpunkt, wo diese Geburt geschafft war und du
00:46:29: nicht mehr voraus geplant hattest, fällt ja alles auseinander und dann überhaupt auf die Idee
00:46:34: zu kommen, Fotos zu machen, was ja für viele sehr, sehr wertvoll in der Trauerarbeit sein kann.
00:46:39: Sehr auch wieder ein Momentum des Anbietens und sonst verstreicht er oder ist vielleicht manche
00:46:46: gewährleisten das ja gar nicht und fotografieren im Kreis alles verboten. Also da gibt es ja wieder
00:46:52: das Spektrum von hier nach da. Kannst du für euch sagen, dass es wertvoll war, diese Erinnerungsstücke
00:46:57: zu haben? Also ich kann auf jeden Fall sagen, dass es wertvoll war, mich zu überzeugen, dass es
00:47:02: dieser Weg, der richtige ist, ihn auf diesem Wege zu bekommen sozusagen, weil wie gesagt, ich hatte
00:47:07: gesagt, ich will einfach nur einen Kaiserschnitt, ich will das alles nicht mitbekommen und so. Da habe
00:47:12: ich mich überzeugen lassen sozusagen und bin da auch ganz, ganz froh, dass ich es zugelassen habe.
00:47:19: Die Fotos von dem Moment sind tatsächlich für uns nicht so wichtig im Moment, weil wir uns einfach
00:47:28: andere Erinnerungen irgendwie geschaffen haben. Also ich habe zum Beispiel einen Ring mir machen
00:47:31: lassen, quasi relativ bald nach der Geburt, weil ich einfach gesagt habe, ich möchte ihn weiter
00:47:36: bei mir haben sozusagen. Und gleichzeitig hilft es ganz vielen vielleicht Fotos aufzustellen zu Hause.
00:47:45: Also von ihm ist das einzige richtig schön und da weiß ich, wie glücklich wir da waren, dieses
00:47:50: Ultrascheibild, wo wir ihn gesehen haben, wo wir erfahren haben, wir sind junge, das war eben die
00:47:53: vier Tage vor dieser Diagnose, das habe ich hier hängen, weil ich da weiß, da war irgendwie noch
00:47:58: alles gut und an dem Moment kann ich mich auch täglich erinnern und die anderen Sachen muss
00:48:04: ich dosiert. Die sind ja sowieso in mir und in meinem Kopf und Herzen und gerade jetzt auch wenn ich
00:48:08: schreibe, kommen die natürlich auch so hoch. Und gleichzeitig suche ich mir die dann speziell
00:48:13: aus. Ja, ja, kann ich nachvollziehen. Ich habe noch so viele Fragen im Kopf, sind so aber 2erleitend,
00:48:23: glaube ich, damit ich das ein bisschen strukturiere gerade und nicht alles rausbölke. Zum
00:48:31: einen würde ich super gerne noch kurz wissen, wie du letzten Endes es dann geschafft hast,
00:48:36: damit ja das zu integrieren. Ich wollte erst sagen, Frieden zu finden, aber das bedeutet für
00:48:42: mich so ein bisschen, als wenn man es abschließt und irgendwie wegtut. Und ich finde es gerade sehr
00:48:46: inspirierend von dir, wo ich den Eindruck habe, dass du eher eine Integration gefunden hast. Das
00:48:54: würde ich super spannend finden, auch zusammen in Kombination mit deinem, mit eurem Sohn, wie
00:49:00: er ihn sozusagen abgeholt hat. Und, schuldigung, habe ich einen Klaus im Halt. Die andere Frage wäre
00:49:06: diese Begriffe, Sternenkind, stille Geburt. Da sagst du ja, die findest du nicht passend. Warum
00:49:15: das so ist? Ich fange bei der letzten Frage an. Also ich glaube, dass es für viele passend ist. Für
00:49:22: mich ist ein Stern, ein naturwissenschaftlicher zu erklären, der Punkt am Himmelszelt in Anführungsstrichen.
00:49:30: Ich bin, weiß ich nicht, ob ich dafür irgendwie dann doch, was das angeht, zu rational bin oder so,
00:49:37: aber es ist für mich kein Ort, wo ein Mensch ist sozusagen. Also weiß nicht, wie ich das erklären
00:49:42: soll. Aber ich bin schon kein Fan von einem Grab, weil ich diesen Ort nicht brauche sozusagen. Also
00:49:50: meine Orte sind schon immer von allen Menschen, die ich habe verlieren müssen in meinem Leben,
00:49:54: die sind irgendwie bei mir. Also genau wie du sagst, ich habe die irgendwo integriert. Die sind da
00:50:00: und die sind jederzeit abrufbar und in meinem Leben wurde auch noch nie irgendwer oder irgendwas
00:50:06: verschwiegen. Also das ist auch so ein Teil, wie wir damit umgehen, ganz stark, dass dieses Kind,
00:50:13: diese Erfahrung, unsere Entscheidung, sie wurde nie zu irgendeinem Zeitpunkt verschwiegen. Und ich
00:50:19: glaube, das ist für mich tatsächlich ein ganz, ganz großer Punkt. Und nochmal kurz zu dem Begriff,
00:50:25: ich finde diese Sternenmama-Stelleneltern, Eltern finde ich super, weil du brauchst ja
00:50:29: irgendein Begriff schon alleine um dich zu verbinden brauchst du einen Begriff. Gleichzeitig glaube
00:50:34: ich, hat sich bei mir, also die erste Abwehr hat stattgefunden, als ich gehört habe, stille Geburt.
00:50:38: Na klar ist die Geburt still, weil das Kind still ist, aber für mich in der Situation, in der ich
00:50:43: war, fühlte es sich ja ausschließlich so an, ich muss still sein, weil ich dieses Tabu hier gerade
00:50:50: erlebe, weil ich eine Schwangerschaft abbreche, weil ich mich straffrei machen muss. Also ich muss
00:50:58: am besten still sein, damit es keiner merkt. Und dafür gibt es halt keinen Begriff. Also ich bin
00:51:05: nicht die Mama einer Sternenkinds nach einem Schwangerschaftsabbruch, sondern da fehlte mir
00:51:09: irgendwie sozusagen meine eigene Kategorie vielleicht ein bisschen. Deswegen ich dann nicht
00:51:13: geschafft habe, mich sozusagen an dieses Wort dran zu docken. Und ich brauchte es, glaube ich,
00:51:18: auch einfach in dem Moment nicht für mich, weil ich war einfach die Mama von Paul und ich hatte
00:51:24: meinen Kampf zu fechten sozusagen. Und ich fand es super schön, dass du gerade saß mit dem
00:51:30: integrieren und ich bin dir auch super dankbar, dass du nicht gesagt hast, Frieden schließen
00:51:33: weil wahrscheinlich hätte ich dann sonst genau eben mit integrieren geantwortet, weil da gibt es
00:51:39: nichts abzuschließen, loszulassen. Also das sind ja all diese beliebten Begriffe, die da auch gerade
00:51:44: bei Trauern sowieso, aber auch jetzt in dem Zusammenhang auch wieder mit gewissen Erwartungen an dich
00:51:50: herangetragen werden. Und ich war traurig, ich bin immer noch traurig und es wird auch immer so sein.
00:51:57: Und gleichzeitig ist das Wort gleichzeitig total wichtig in meinem Leben, deswegen nutze ich das
00:52:02: auch so gerne. Gleichzeitig bin ich einfach, nicht einfach, Schuldigung, das streichen wir,
00:52:09: zwar im schwerer Weg dahin zu kommen, zu integrieren. Ich bin den aber gegangen, weil ich wusste für
00:52:15: mich, gibt es überhaupt keine Alternative, wenn ich daran nicht total zerbrechen möchte.
00:52:21: Alles fühlte sich an, als wäre ich schon zerbrochen und ich habe mich versucht zusammenzusammeln,
00:52:27: einkörperlich, rein emotional. Ich bin ansonsten eigentlich ein wütender Mensch und alles, was
00:52:32: mir nicht gefällt, löse ich mit Wut. Ich habe ein Jahr lang keine Wut gefühlt. Ich war aber
00:52:37: fordert, wenn jemand mit mir irgendwie in eine Diskussion gehen wollte. Ich habe gedacht, ich
00:52:42: gehe einfach kaputt. Also ich fließe dahin wie so ein Ei, wo du einfach nur so das dünne Häutchen
00:52:50: außenrum hast und das irgendwie anpigst. Also ich hatte noch nicht mal meine Schale,
00:52:53: das war wirklich nur diese Eierhaut. Und dem Rechnung zu tragen war mit so viel, ich musste
00:53:02: mich selbst so lieb haben in dieser Zeit, keine Ahnung, das kann ich vorher vielleicht in der
00:53:06: Art auch noch gar nicht. Ich musste so gut zu mir sein, ich musste so gut auf mich hören,
00:53:10: ich habe gelernt, auf mich gut zu hören. Ich habe gesagt, das will ich jetzt nicht, das kann ich
00:53:15: jetzt nicht, obwohl ich gesagt habe, ich komme, ich komme jetzt nicht. Also all diese kleinen
00:53:19: Entscheidungen bis hin zu großen, was macht das jetzt eigentlich mit meinem Leben? Also kann man da
00:53:25: einfach so normal weiter machen. Also ich meine, das hat sich gezeigt, dass das nicht geht. Aber
00:53:28: wollte ich auch nicht. Ich wollte das integrieren. Ich will das als ein Stück von mir nicht in
00:53:35: einer Schublade verpacken, sondern es ist ein ganz integraler Bestandteil von mir, dieses Kind,
00:53:41: aber auch diese Erfahrung. Und so haben wir das, wir haben es jetzt gar nicht so aktiv, glaube ich,
00:53:46: besprochen. Mein Mann sieht es genauso, das ist das Gute daran und wir sind da beide auch miteinander
00:53:53: waren wir unsere Therapeutinnen sozusagen. Das ist glaube ich das Gute, dass wir da nie einer
00:53:58: anderen Meinung waren und uns da auch dem Trauern wirklich so hingegeben haben, wie es geht. Und
00:54:04: gleichzeitig haben wir beschlossen, unserem damals zweijährigen Kind, der einfach schon zu
00:54:08: wahnsinnigen Fragen in der Lage war, in einem Alter, wo andere weiß ich nicht, das noch nicht
00:54:13: können, unser Schuhen ihm das halt so dosiert zu sagen, nicht wie er es verträgt, sondern auch
00:54:18: wie wir mit seinen Fragen umgehen können am Anfang. Jetzt in dem Alter ist es was ganz anderes.
00:54:24: Also jetzt würde ich ihm das anders erklären, aber er war als S2 und ich war einfach unfassbar
00:54:30: traurig. Aber das führte halt dazu. Ich meine, ich hatte dann ja danach noch die die Fehlgeburt
00:54:35: auch und als wir ihm dann von unserem dann jetzt vierten Kind erzählt haben, dass der
00:54:39: in meinem Bauch ist, weil seine erste Reaktion ja Mama stirbt, das Baby auch. Also das einfach,
00:54:45: ich meine, da war er drei. Also einfach dieses Wissen, das muss man erstmal verdauen und deswegen
00:54:52: bin ich eigentlich auch froh, dass wir am Anfang, also wir haben gesagt Mama hat Bauchschmerzen,
00:54:57: also oder hat was am Bauch, deswegen gehen wir in den Krankenhaus. Er wusste zu dem Zeitpunkt noch
00:55:01: nichts davon, dass er einen Bruder bekommt. Weil auch die letzten vier Monate wären für ihn
00:55:06: wahrscheinlich einfach die Hölle gewesen, das noch auszuhalten oder für uns. Wir wollten
00:55:11: es ihm da in diesem Urlaub danach sagen und ich bin aber froh, dass wir uns da erstmal so ein
00:55:17: bisschen, ich weiß nicht, ob ich Notlüge das richtige wollte, aber einfach ein Ausschnitt
00:55:21: einer Realität, die für einen zweijährigen haltbar ist, haben wir mitgeteilt und haben
00:55:28: ihm es dann aber danach erzählt. Also jetzt weiß er ganz genau, was los ist mit seinem Bruder
00:55:33: und darf auch alle Fragen stellen. Schön, dass ihr da so umsichtig mit euch umgegangen seid und
00:55:39: ja euch da Zeit gelasst habt. Aber nochmal kurz zum Verständnis, nur bedeutet nach Paul heißt
00:55:47: euer Sohn, ja. Hat es so noch eine fehlgeburt? Ja. Wie war das, wenn, also magst du uns da kurz
00:55:55: nochmal abholen? Also da muss ich sagen, bin ich dann erst recht nochmal richtig aus den Wolken
00:56:01: gefallen, weil ich dann ehrlich gesagt, ich glaube nicht an Schicksal, aber ich dachte,
00:56:05: wäre durch so ein bisschen. Also wenn man so was Großes hat, dann sollte es doch reichen. Ich hatte
00:56:10: dann in der dritten Schwangerschaft in der elften Woche eine fehlgeburt und habe das eigentlich
00:56:16: auch schon gemerkt. Also ich glaube, das ist eben auch was. Ich spüre natürlich, ich spüre sehr viel
00:56:21: und ich kriege einfach körperlich von mir auch viel, viel mehr mit, mit all seinen positiven
00:56:25: und negativen Effekten dessen. Ich wusste, da ist was nicht gut und bin dann zu Frauenärztin und
00:56:34: die Reaktion war dann so richtig schlecht. Dieses typische, ja, schuldigen Sie, ich habe Sie kein
00:56:41: Herzschlag mehr. Ich gebe Ihnen mal eine Überweisung zur Ausscharung. Auch den Wort, ne? Ich finde es so.
00:56:47: Ja, also da wusste ich aber jetzt ja schon, ich lasse mich zu nichts drängen, sage ich mal. Also das
00:56:57: war ein guter Schutz, den ich mir vielleicht auch durch die Erfahrung davor aufgebaut hatte,
00:57:01: dass ich erstmal ganz viel da da mit meiner neuen Heber mit drüber gesprochen habe, für mich
00:57:07: versucht habe, auszuführen. Wie komme ich da jetzt raus? Aber es war ein ganz langer Prozess. Also es
00:57:13: war wirklich so, als wollte mein Körper das nicht gehen lassen. Es war wirklich, es ist vielleicht
00:57:17: ein bisschen esoterisch, aber es hat insgesamt mit Medikamenten und Ausschabungen und allem,
00:57:23: was dazu gehört, neun Wochen gedauert und das war wahnsinnig kräftezehrend. Also da war dieser
00:57:30: Abschied so schwer irgendwie. Also bei Paul hat das so gemacht, da war, am Abend vor der Geburt,
00:57:35: haben wir wirklich für uns Abschied genommen und haben das ganz schön für uns gestaltet. Nur wir
00:57:40: beide und er hat eben, aber bei der Fehlgeburt ging das dann irgendwie gar nicht. Also ich war da auch
00:57:45: in dieser Maschinerie und ging den zweiten Tag zum Arzt und hier und Tabletten und es war einfach
00:57:49: so unemotional, glaube ich. Das hat mich dann wirklich psychisch nochmal viel, viel mehr runter
00:57:57: also nicht viel mehr, sondern es kommt ja um drauf. Aber ich war ja noch dabei auch irgendwie, die
00:58:02: die Erfahrungen mit Paul irgendwie auch noch zu integrieren erstmal auf einem ganz anderen Level
00:58:07: als heute natürlich und das oben drauf hat mich völlig umgehauen oder uns beide eigentlich.
00:58:13: Kann ich total nachvollziehen und dann habt ihr noch mal die Kraft aufgewandt und gesagt okay,
00:58:21: wir machen es noch mal. Ja, du sagst es so, es fühlt sich von außen so an und es ist auch völlig
00:58:27: berechtigt. Wir haben auch uns natürlich gefragt, haben wir noch mal die Kraft für einen Verlust,
00:58:31: aber noch viel mehr war für uns, ich sag mal intern dieser Familie, die Frage maßgeblich,
00:58:36: schaffen wir es, einem neuen Kind einfach Eltern zu sein. So, wie belastet sind wir für, wenn das
00:58:44: Kind da ist, weißt du? Also das fanden wir relevanter und auch wie schaffe ich eine Schwangerschaft
00:58:51: mit solchen Ängsten, wie gut bin ich dadurch, wie lasse ich mich begleiten? Also das war für uns
00:58:56: ganz, ganz zentral diese Fragen zu beantworten tatsächlich und natürlich die Wochen bis dann
00:59:03: irgendwie, also ich hatte ja keine wirkliche Woche, wo ich aufatmen konnte. Ich habe immer gesagt,
00:59:07: ich habe erst ein Kind, wenn es da ist so, das war wirklich richtig geschützt, habe ich mich
00:59:12: dann natürlich auch, weil dann natürlich diese Daten oder hatte ich die Fehlgeburt, aber es kann
00:59:18: ja eigentlich auch in der 20. Woche noch was rauskommen. Wir haben uns da einfach super gut
00:59:22: begleiten lassen, auch wieder eben von der Prenataldiagnostik, eine neue Frauenärztin,
00:59:27: eine ganz neue tolle Hebamme und dann meine Therapeuten, meine eigene Arbeit mit mir,
00:59:32: dass wir einfach als Paar so gut da durchgefunden haben, dass es war dann einfach mehr, wir wollen
00:59:41: ein Kind als wir haben Angst, dass es nicht klappt. So schön, ja super schön, dass ihr da euch bei
00:59:47: all den Kampf sozusagen nicht verloren habt, auch nicht zueinander, sondern den Weg gefunden habt.
00:59:54: Es wird jetzt gerne langsam so ein bisschen zum Ende kommen. Gibt es Punkte, wo du sagst, Frauen,
01:00:03: die gerade in der Situation stecken, also die die Diagnose gerade bekommen haben vor der
01:00:07: Entscheidung stehen oder auch Frauen, die es gerade schon hinter sich gebracht haben, ihr Kind
01:00:14: tut so gebären und in dem Prozess sind das Integrierend. Wo sind Punkte oder Dinge, die du
01:00:25: den gerne mitgeben möchtest oder an wen sie sich wenden können? Also auf jeden Fall und das in
01:00:33: Anführungsstrichen wo beantwort ich dann aber, holt euch Hilfe. Ihr müsst es nicht alleine schaffen,
01:00:40: es sind Ressourcen, die ihr gerade nicht aufbringen könnt und auch nicht aufbringen muss, die es im
01:00:45: Außen gibt und es gibt gute Menschen da draußen, die sich in irgendwas zwingen wollen, die dich
01:00:51: nicht beeinflussen wollen, die dir nicht was einreden wollen, sondern die sind einfach da und geben
01:00:57: dir einen Raum. Das wäre auf jeden Fall das aller aller allerwichtigste finde ich und wo sich dieser
01:01:03: Mensch befindet, ja haben wir leider schon vorhin besprochen, es ist Glück, es ist aber auch,
01:01:08: entweder hat man schon jemanden, vielleicht hat man auch eine gute Freundin, wobei ich glaube,
01:01:12: dass es schon einen gewissen Punkt gibt, wo man es auch auslagern sollte und auch darf. Also ich
01:01:16: finde es ist ein ganz wichtiges, es ist ein darf. Man darf sich ganz exklusiv ohne Meinung eines
01:01:22: anderen einen Raum ermöglichen, wo das nur das und man selbst ein Thema ist, das finde ich ganz
01:01:26: wichtig, weil es einfach so eine krasse emotionale Belastung ist und die bleibt und wenn man sie
01:01:33: auch nicht gut bearbeitet, kann es leider natürlich auch einfach sein, dass es sich in andere
01:01:38: Richtungen entwickelt, dass dadurch andere körperliche Probleme entstehen, aber genauso
01:01:43: auch psychische. Also das nicht zu unterschätzen ist mir auch wichtig. Es gibt auf jeden Fall auch
01:01:51: neben Psychologen sicherlich andere Beratungsstellen, es gibt Coaches, ich meine ich mache das ja
01:01:58: selbst auch selbst und Trauerbegleiterin, weil ich eben genau bemerkt habe, das gibt es so nicht,
01:02:03: wie ich das gerne gehabt hätte irgendwie und da traut euch zumindest etwas auszuprobieren.
01:02:11: Es kostet super viel Kraft, es kostet wahnsinnig viel Kraft, diese Geschichte zu erzählen, es kostet
01:02:15: ganz viel Kraft, sich jemanden zu suchen, sich dem anzuvertrauen und gleichzeitig, das ist wirklich
01:02:20: mein ganz ganz großer Glaube, wenn man merkt, man matcht mit diesemjenigen oder derjenigen,
01:02:25: dann kann es nur gut sein auf die Zeit. Schön. Danke dir Lisa für also komplett dein Weg,
01:02:34: danke dir, dass du diese Kraft zusammen mit deinen ganzen Ressourcen aufgewandt hast und
01:02:41: jetzt in dem Punkt wirklich vorangehen kannst für viele Frauen, die diesen Weg gerade gehen oder
01:02:48: noch gehen müssen, ja da bin ich wirklich als Mama insbesondere dir für dankbar und gleichzeitig
01:02:56: bedauere ich es natürlich, dass du diesen Weg gehen musstest und sehr sehr tief gehen mit
01:03:04: dir mit gefühlt wirklich. Ich danke euch auch für das Gespräch, es war ja auch immer wieder ein,
01:03:09: also jetzt nicht Risiko, aber ich meine, man öffnet, aber ich öffne mich ja schon auch nicht nur euch
01:03:14: beiden, sondern natürlich einem Publikum in der Hoffnung, dass es jemanden hilft und gleichzeitig
01:03:19: ist natürlich immer so ein bisschen dieses, ah wenn dich da jetzt einer für kritisiert im Hinterkopf,
01:03:23: aber ich weiß einfach, dass das helfen und dass das jemand anders hört und was daraus mitnehmen
01:03:29: kann, so viel wichtiger ist als eine Sorge, ob mich einer blöd findet, weil ich das gemacht habe.
01:03:34: Ja, die wirks auch geben, die haben eine andere Journey.
01:03:39: Ja, dass du so bist wie du bist. Vielen, vielen Dank euch beiden.
01:03:47: Danke dir.
01:03:49: Mama Talk, der Podcast von Mamas für Mamas, eine Antenne Niedersachsen-Produktion.
01:03:56: und hohe Aufnahme.
01:03:57: SWR 2020
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